Sozialbericht 2024

Viele Ostdeutsche im Alter von Armut bedroht

Das Vermögen der Deutschen ist gewachsen, aber weiterhin ungleich verteilt. Auch zwischen Ostdeutschen und Westdeutschen gibt es eine große Schieflage. Das sind die Gründe.

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Viele Ältere, mehr im Osten als im Westen, sind von Altersarmut bedroht, werden wenig Geld zur Verfügung haben.
Viele Ältere, mehr im Osten als im Westen, sind von Altersarmut bedroht, werden wenig Geld zur Verfügung haben.Lobeca/Imago

Die Vermögen in Deutschland sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Trotzdem sind sie immer noch sehr ungleich verteilt, insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland. Das geht aus dem Sozialbericht 2024 hervor, den das Statistische Bundesamt am Mittwoch vorstellte. Deutschland zählt dem Bericht zufolge im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern, was die Ungleichheit angeht.

Die Deutschen insgesamt sind reicher geworden. Vor allem die stark gestiegenen Immobilienpreise haben in den vergangenen Jahren für eine deutliche Erhöhung des Haushaltsnettovermögens gesorgt. Zwischen 2010/11 und 2021 ist das Vermögen der Haushalte in Deutschland demnach durchschnittlich um 62 Prozent angestiegen – von 195.200 Euro auf 316.500 Euro. Die Inflation eingerechnet, bleibt ein Zuwachs von 39 Prozent.

Ostdeutsche Haushalte verfügten allerdings mit durchschnittlich 150.900 Euro über ein deutlich geringeres Vermögen als westdeutsche Haushalte mit 359.800 Euro. Das Nettovermögen setzt sich aus allen Sach- und Finanzwerten abzüglich bestehender Kredite und anderer Verbindlichkeiten zusammen.

Jeder vierte Ältere im Osten ist von Armut bedroht

Das Risiko von Altersarmut nahm den Statistikern zufolge im gesamten Bundesgebiet leicht zu, um ein bis zwei Prozentpunkte. In Ostdeutschland ist demnach fast jeder Vierte im Alter zwischen 60 und 79 Jahren von Armut bedroht. Altersarmut ist das Ergebnis aus niedrigeren Alterseinkommen, die sich unter anderem aus längeren Phasen von Arbeitslosigkeit in der Berufsbiografie ergeben – dies gilt vor allem für Ostdeutsche, bei denen in der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen 24 Prozent von Armut bedroht sind. In Gesamtdeutschland betrug das Armutsrisiko bei dieser Gruppe rund 17 Prozent.

Die Ursachen für die Schieflage zwischen Ost und West liegen laut Philip Wotschack vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung zum einen in dem weiterhin geringeren Lohnniveau in Ostdeutschland, das einen Vermögensaufbau erschwere. Der Immobilienmarkt im Osten weise durch den Bevölkerungsrückgang keine oder geringere Wertsteigerungen auf.

Als dritte Ursache sieht Wotschak die historisch sehr beschränkten Möglichkeiten zum privaten Vermögensaufbau in der DDR. Betriebsvermögen seien nicht erwünscht und Aktien- und Finanzanlagen nicht möglich gewesen. Privates Immobilieneigentum sei nur gering verbreitet gewesen.

Die obersten zehn Prozent haben 56 Prozent des Gesamtvermögens

Auch bundesweit gesehen ist das Vermögen sehr ungleich verteilt: 2021 verfügten die obersten zehn Prozent der Haushalte über 56 Prozent des Gesamtvermögens. Eine wichtige Ursache dafür, dass Vermögensunterschiede in Deutschland über Generationen hinweg bestehen bleiben, sind dem Bericht zufolge Schenkungen und Erbschaften. Besonders Personen im mittleren Erwachsenenalter (25–54 Jahre) und vermögendere Bevölkerungsgruppen profitieren von solchen intergenerationalen Transfers.

Erbschaften und Schenkungen würden in Deutschland relativ gering besteuert, erklärte Wotschak. Dies gelte insbesondere für Betriebsvermögen, das unter bestimmten Umständen sogar steuerfrei übertragen werden können. ■