„Demokratie bedroht“

„Kapitalismus stürzen“: Will Linken-Star Heidi Reichinnek neue DDR?

Nach einem verunglückten Talkshow-Auftritt bei Markus Lanz geht die Politikerin der SED-Nachfolgepartei Die Linke in die Offensive, stellt die Systemfrage und fordert einen demokratischen Sozialismus.

Author - Joane Studnik
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Heidi Reichinnek fordert dazu auf, den Kapitalismus zu stürzen und einen demokratischen Sozialismus zu errichten.
Heidi Reichinnek fordert dazu auf, den Kapitalismus zu stürzen und einen demokratischen Sozialismus zu errichten.imago/Kira Hofmann

Nach einem mittelschweren TV-Debakel bei Markus Lanz geht Linken-Politikerin Heidi Reichinnek in die Offensive: Sie fordert zum Widerstand gegen den Kapitalismus auf. Dieser sei dafür verantwortlich, dass der Sozialstaat „immer weiter ausgehöhlt“ werde. „Der Reichtum von wenigen explodiert“, so Reichinnek in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dadurch werde die Demokratie bedroht.

„Wer das verhindern will, der darf den Kapitalismus nicht stützen, er muss ihn stürzen.“ Reichinnek fordert, man müsse „sich dagegenstemmen und die Systemfrage stellen, ganz klar.“ Die Linken-Politikerin war durch ihre extrem erfolgreichen Reels auf Tiktok und Instagram aufgefallen, in einer Bundestagsrede griff sie den künftigen Bundeskanzler Friedrich Merz frontal für eine gemeinsame Abstimmung mit der rechtsextremistischen AfD an. Dafür bekam die Fraktionschefin der Linken im Bundestag viel Aufmerksamkeit und trug zum Wahlerfolg ihrer Partei bei.

Heidi Reichinnek: In der DDR hat es demokratischen Sozialismus überhaupt nicht gegeben

Doch nun redet Reichinnek wie Steinzeit-Linke in alter SED-Tradition. Will die populäre Politikerin die DDR wieder auferstehen lassen? Demokratischer Sozialismus: davon war viel die Rede im Parteisprech der SED. Doch für Reichinnek habe es in der DDR einen demokratischen Sozialismus überhaupt nicht gegeben. Dafür allerdings war der Vorläufer ihrer Partei selbst verantwortlich. Reichinnek verweist auf eine historische Kommission, die die die Fehler der SED benannt und aufgearbeitet habe.

Wie gründlich die Verwicklung der SED mit dem DDR-Regime tatsächlich aufgearbeitet wurde, darüber haben Historiker erhebliche Zweifel – insbesondere was den Verbleib des DDR-Vermögens betrifft. Inhaltlich hat sich die Linke davon distanziert, eine „Diktatur des Proletariats“ im Sinne Lenins anzustreben. Vielmehr so Reichinnek, sei ein „demokratischer Sozialismus“ das Ziel der Linken. Sie habe kein Problem damit, das Wort „Sozialismus“ zu verwenden. Nur: Was genau darunter versteht, bleibt nebulös.

Ist Heidi Reichinneks Forderung nach Sozialismus statt Kapitalismus verfassungsfeindlich?

Wohnungsbaukonzerne verstaatlichen: Solche Forderungen der Linken sind populär, würden den Steuerzahler jedoch Milliarden Euro kosten. Gier-Vermieter an die Kandare nehmen: Dafür findet Reichinnek viel Unterstützung – aber was konkret bedeutet das für Privatleute, die eine Eigentumswohnung untervermieten? Bei Markus Lanz kam Reichinnek heftig ins Schwimmen, musste einräumen, Kennziffern des Wohnungsmarktes nicht parat zu haben. Der Moderator allerdings auch nicht, musste die Zahlen von Karteikarten ablesen und bedrängte die Linken-Politikerin rüde, um ihre vermeintlich fehlende Sachkenntnis bloßzustellen.

In sozialen Medien schallen ihr nun Aussagen entgegen wie: „Wo bleibt der Verfassungsschutz“? Tatsächlich findet sich im Grundgesetz kein Abschnitt, der eine bestimmte Wirtschaftsordnung wie den Kapitalismus festschreibt. Garantiert werden sowohl das Recht auf Eigentum als auch die Verpflichtung zum Gemeinwohl (Eigentum verpflichtet). Beides zusammen begründet die soziale Marktwirtschaft – aber wie diese genau ausgestaltet wird, ist das Ergebnis politischer Gestaltung, in der Heidi Reichinnek sich sehr links positioniert, in deutlicher Abgrenzung zur CDU/CSU und vor allem der AfD.