Bei den nahezu zeitgleichen Explosionen von Pagern im Libanon sind nach Regierungsangaben am Dienstag neun Menschen getötet und 2750 weitere verletzt worden. Der Zustand von mindestens 200 Personen sei kritisch. Die meisten Betroffenen hätten Verletzungen „im Gesicht, an der Hand, am Bauch oder sogar an den Augen“ erlitten, sagte der libanesische Gesundheitsminister Firass Abiad bei einer Pressekonferenz.
In Videos von Überwachungskameras im Libanon war zu sehen, wie es etwa in Supermärkten zu kleineren Explosionen kam. Teils lagen Menschen danach am Boden. Die Explosionen ereigneten sich örtlichen Medien zufolge gegen 15.30 Uhr Ortszeit in den südlichen Vororten Beiruts, wo die Hisbollah besonders stark ist, sowie im Süden des Landes. Auch in Syrien soll es laut Medienberichten zu Explosionen gekommen sein.
Pager-Explosionen im Libanon: Griff Israel die Hisbollah an?
Nach Angaben aus dem Umfeld der gegen Israel kämpfenden pro-iranischen Hisbollah-Miliz richteten sich die Explosionen gegen ihre Mitglieder. Auch hochrangige Vertreter sowie Mitglieder der Elitetruppe Radwan seien unter den Betroffenen.
Die Gründe für die zeitgleichen Explosionen würden untersucht, erklärte die Organisation. Die pro-iranische Miliz hat inzwischen Israel die Verantwortung zugewiesen. „Wir machen den israelischen Feind voll verantwortlich für diese kriminelle Aggression“, erklärte die Hisbollah am Dienstag.
Israels Armee kommentierte die Vorfälle zunächst nicht. Unmittelbar vor den Explosionen hatten israelische Medien über „dramatische Konsultationen“ der politischen Führung berichtet.

Panik in den Straßen – Ausnahmezustand in Krankenhäusern
Augenzeugen berichteten von Panik in den Straßen Beiruts. Zahlreiche Krankenwagen waren im Einsatz. Das libanesische Gesundheitsministerium rief alle Krankenhäuser zu höchster Alarmbereitschaft auf und forderte die Menschen auf, keine Funkgeräte zu benutzen. Bei den explodierten Geräten soll es sich um tragbare Funkrufempfänger handeln, die auch als Pager bekannt sind. Das Ministerium rief zu Blutspenden auf.
Auch Irans Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, soll Medienberichten zufolge bei der Explosion eines Pagers verletzt worden sein. Dieser habe einem Leibwächter gehört, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Zur Beobachtung sei Amani in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es. Die Hisbollah ist der wichtigste nicht-staatliche Verbündete der Islamischen Republik Iran.
Israel drohte Terror-Organisation
Nach fast einem Jahr Dauergefechten zwischen Israel und der Hisbollah mehrten sich zuletzt die Zeichen, dass der Konflikt zu einem offenen Krieg eskalieren könnte. Die Rückkehr der geflüchteten israelischen Bürger in ihre Wohnorte im Norden des Landes zählt nun - neben der Befreiung der Geiseln aus dem Gazastreifen und der Zerstörung der Hamas - zu Israels erklärten Kriegszielen.
Der einzige Weg dahin sei „ein militärischer Einsatz“, sagte Israels Verteidigungsminister Joav Galant am Montag nach Angaben seines Büros bei einem Treffen mit US-Vermittler Amos Hochstein. Die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung im Konflikt mit der Hisbollah rücke immer weiter in die Ferne, weil die Miliz ihr Schicksal mit der Hamas im Gazastreifen verbunden habe und sich weigere, den Konflikt zu beenden, sagte er demnach.