Bundeswehr fehlt Personal

Deutscher General will mehr Soldaten! Kommt jetzt die Wehrpflicht?

Christian Badia ist der ranghöchste deutsche Soldat bei der Nato. In der neu aufgeflammten Wehrpflicht-Debatte schießt er mit großem Kaliber.

Author - Berliner KURIER
Teilen
Ein Wehrpflichtiger in der Grundausbildung.
Ein Wehrpflichtiger in der Grundausbildung.Peter Steffen/dpa

Die Bundeswehr braucht Soldaten, findet aber nicht genug. Die Nachfrage nach Befehl und Gehorsam, nach Drill, Gleichschritt und Waffen putzen hält sich bei den jüngeren Generationen offenbar in sehr überschaubaren Grenzen. Was also tun, wenn junge Männer und Frauen nur sehr zögerlich in der Armee dem Vaterland dienen wollen? Immerhin fehlen der Bundeswehr an die 60.000 Rekruten.

Ein hoher deutscher Offizier hat da mal eine Idee. Denn die Wehrpflicht ist in Deutschland ja nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt, meinte jetzt der deutsche Nato-General Christian Badia gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ und fordert in Anbetracht der Personalnot eine Rückkehr der Wehrpflicht in Deutschland. Und zwar nicht irgendwann, sondern die Dienstpflicht müsse jetzt vorbereitet werden. Und General Badia ist nicht irgendwer, sondern ranghöchster deutscher Soldat in der Nato und dort zuständig für die Weiterentwicklung des Bündnisses. Seine Meinung dürfte daher einiges Gewicht in der Debatte um die Wehrpflicht haben.

Und diese wird künftig angesichts der politischen Weltlage garantiert noch richtig an Fahrt aufnehmen. Jetzt schon geht der General auf den SPD-Fraktionschef Matthias Miersch los, kritisiert dessen Aussage, dass er in der laufenden Legislaturperiode über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht diskutieren will. Irgendwie verständlich, der Mann will in vier Jahren schließlich wiedergewählt werden. Da stört das Angehen wichtiger, polarisierender Probleme nur.

Der Vier-Sterne-General hat dagegen nur wenig Verständnis für SPD-Miersch und kontert: „Zu sagen, wir warten erst einmal diese Legislaturperiode ab, passt nicht zusammen mit der dargestellten Lage“. Und weiter:  „Wenn wir jetzt vier Jahre abwarten, wären wir viel zu spät, um die Fähigkeitsziele der Nato umzusetzen. Wir haben es in den letzten vier bis sechs Jahren doch schon mit den bisherigen freiwilligen Angeboten nicht geschafft, mehr Personal zu gewinnen“.

Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvorsitzender, möchte erstmal lieber nicht über die Wehrpflicht diskutieren.
Matthias Miersch, SPD-Fraktionsvorsitzender, möchte erstmal lieber nicht über die Wehrpflicht diskutieren.dpa

Bundeskanzler Merz: Prüfen, ob Freiwilligkeit ausreicht

Auch das Argument, es fehlten Kasernen und Ausbilder lässt Badia nicht gelten. Man könne Investoren suchen, die alte Kasernen reaktivieren und zur Ausbildung betreiben. Die Bundeswehr würde dann quasi Mieter.

Aber nicht nur Militärs werden in der Debatte um eine mögliche Wehrpflicht in ihren Aussagen deutlicher. Auch aus der Union werden die Rufe danach lauter. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es: „Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert.“

Aber das mit der Freiwilligkeit klappt ja nicht offenbar schon jetzt nicht so richtig. Und da ist es kein Wunder, dass der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nun plötzlich am Dienstag doch nicht ausschließen wollte, dass die bisher von der Koalition geplante Freiwilligkeit beim Wehrdienst noch einmal infrage gestellt wird. „Ich teile die Einschätzung des Bundesverteidigungsministers, dass uns eine hohe fünfstellige Zahl von Soldaten in der Bundeswehr heute schon fehlt“, sagte Merz in Berlin.

Bundeskanzler Friedrich Merz: Prüfen, ob Freiwilligkeit ausreichend ist.
Bundeskanzler Friedrich Merz: Prüfen, ob Freiwilligkeit ausreichend ist.dpa

Man werde sich vor diesem Hintergrund „genau anschauen müssen“, ob Attraktivitätsprogramme und Freiwilligkeit reichten, um so viele Soldaten zu rekrutieren. „Wenn die Freiwilligkeit nicht reicht, dann müssen wir sehr bald über zusätzliche Schritte miteinander sprechen.“ Und „zusätzliche Schritte“ meint man dann einen sanften Zwang? Oder per Losverfahren zum Panzerfahrer?

Losverfahren und Musterung über den Hausarzt

Der frühere Wehrbeauftragte und SPD-Politiker Hans-Peter Bartels betonte in der „Süddeutschen Zeitung“, die SPD sei „eigentlich immer eine Wehrpflicht-freundliche Partei gewesen“. Er schlug eine Art Zwischenlösung vor. „Wir sollten die Wehrpflicht als Pflicht wieder einsetzen, mit Vorfahrt für Freiwilligkeit.“

Wenn man nicht genug Freiwillige bekomme, könnten wie in Dänemark mit einer Art Losverfahren mögliche Pflichtkandidaten auf einer Liste festgelegt werden. Die medizinische Musterung wäre über ein vereinfachtes Verfahren umsetzbar, etwa eine Gesundheitsstatuserhebung beim Hausarzt, statt wie früher in den Kreiswehrersatzämtern, betonte Bartels.