Dreiste Masche

Vor Gericht: Drogen-Lieferservice aus dem Knast organisiert?

Im Prozess gegen vier Angeklagte ist die Staatsanwaltschaft sicher, dass der Kopf der Bande aus dem Gefängnis heraus die Taten geleitet hat.

Author - Berliner KURIER
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Im Gerichtssaal fehlen die Angeklagten. Rechts und links stehen die Verteidiger, in der Mitte die Richter.
Im Gerichtssaal fehlen die Angeklagten. Rechts und links stehen die Verteidiger, in der Mitte die Richter.Pressefoto Wagner

Zwei Clan-Männer im Gerichtssaal in bester Laune: Asies R. (27) und Abdallah R. (22) freuten sich über viele bekannte Gesichter unter den Zuschauern.

Vielleicht waren auch „Kunden“ der Männer aus der berüchtigten Familie R. zum Prozess gekommen. Denn Asies R., Abdallah R. sowie die weiteren Angeklagten Oskar K. (22) und Shadi Z. (21) sollen einen „Drogen-Lieferservice“ betrieben haben.

Bei Anruf Cannabis, Koks oder Ketamin. Dreckiges Geschäft, schmutziges Geld. Ab spätestens September 2024 sollen sich als Bande zusammengeschlossen haben. Da saß Asies R. im Knast, um fünfeinhalb Jahre wegen früherer Drogengeschäfte abzusitzen.

Angeklagter soll aus dem Knast agiert haben

Doch dreist und skrupellos: Asies R. agierte laut Anklage „über von ihm benutzte illegale Mobiltelefone aus der Haftanstalt heraus“. Er und ein Mittäter hätten für Organisation, Logistik, Drogen-Nachschub gesorgt. Asies R. als „alter Hase“. Die Anklage: „Er verfügte auch aufgrund seiner früheren Erfahrungen im Bereich des Drogenhandels über die entsprechenden Kontakte.“

Die Ermittler überzeugt: Die Wohnung von Abdallah R. (Spitzname „Bully“) in Charlottenburg war zentraler Anlaufpunkt der Gruppe. Dort seien Drogen gebunkert und portioniert worden – „K. und Z. lieferten aus“. Per Koks-Taxi.  K. habe sich auch um Finanzen gekümmert – „für Asies R. verwaltete er dessen Geldmittel, insbesondere die Verkaufserlöse“.

Doch die Ermittler kamen ihnen bald auf die Spur. Telefone wurden überwacht. Am 12. Dezember eine Durchsuchung. Treffer: In der Wohnung von Abdallah R. wurden 5,1 Kilo Marihuana, rund 200 Gramm Koks, 355 Gramm Ketamin sowie 15.420 Euro gefunden.

Angehörige des Clans fallen seit elf Jahren auf

Der berüchtigte Clan. Angehörige der arabischstämmigen Großfamilie fallen seit Jahren auf: 2014 sprengte einer von ihnen in Mariendorf eine Sparkasse, räumte mit Komplizen Schließfächer aus. 2017 stahlen Verwandte aus dem Bode-Museum eine 100-Kilo-Goldmünze. 2019 brachen Männer aus dem Clan in das Grüne Gewölbe in Dresden ein. 77 Immobilien aus dem Dunstkreis des Clans wurden vorläufig beschlagnahmt, weil sie mit Geld aus Straftaten gekauft worden sein sollen.

Im Strafregister von Asies R. gibt es inzwischen sieben Eintragungen – vorbestraft unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und als Dealer. Es könnte auch noch Brandstiftung dazukommen, es geht um einen Hassbrenner-Anschlag vor einem Gefängnis.

Asies R., Abdallah R. und ein dritter Mann sollen für brennende Autos vor der JVA Heidering (Großbeeren) verantwortlich sein. Neun Fahrzeuge wurden am Abend des 23. April 2024 auf dem Mitarbeiterparkplatz der Haftanstalt abgefackelt. Den Auftrag dazu soll Asies R. gegeben haben – aus der Haft heraus.

Auch Abdallah R. ist bei Polizei und Justiz seit Jahren bekannt, allerdings wurden die meisten Verfahren gegen ihn nach Jugendstrafrecht eingestellt. Seit dem 12. Dezember sitzt er in Untersuchungshaft. Abdallah R.: „Davor war ich Azubi – Einzelhandelskaufmann.“ Ob sich die Clan-Männer und die Mitangeklagten im Prozess äußern werden, ist noch offen. Fortsetzung: 18. Juni. KE.