Moderne Sklaverei

Vater und Sohn sollen Arbeiter wie Sklaven gehalten haben

Sie wollten in Berlin arbeiten, Geld verdienen. Doch die Opfer landeten in den Fängen zweier skrupelloser Ausbeuter, die jetzt vor Gericht stehen.

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Vater Constantin L. (52, rechts vorn) und Sohn Constantin-Ionut L. (34) vor Gericht. Die Rumänen sollen Landsleute auf Baustellen in Berlin ausgebeutet haben.
Vater Constantin L. (52, rechts vorn) und Sohn Constantin-Ionut L. (34) vor Gericht. Die Rumänen sollen Landsleute auf Baustellen in Berlin ausgebeutet haben.KE.

Vater und Sohn vor Gericht: Constantin L. (52) und Constantin-Ionut L. (34) aus Rumänien. Sie wohnen in zwei Häusern in Köpenick. In ihrer Heimat soll es außerdem ein stattliches Anwesen geben. Zum Prozess um Zwangsarbeit, Menschenhandel und Ausbeutung kamen sie völlig entspannt – als freie Männer.

Die Staatsanwaltschaft über Vater L., den Hauptangeklagten.: „Den Lebensunterhalt verdiente er durch die illegale Beschäftigung von Arbeitern.“ Bitterarme Landsleute wurden zur Ware. Mit Versprechungen gelockt, im überladenen Kleinbus nach Berlin gebracht. In Unterkünfte, in denen unhaltbare Bedingungen herrschten. Bis zu acht Personen auf engstem Raum. Die Anklage: „In der Regel waren die Arbeiter gezwungen, wenigstens zu zweit mit einer Matratze auf dem blanken Boden zu schlafen.“

Billig-Arbeitskräfte, die in einem Verhältnis der absoluten Abhängigkeit gehalten wurden. Constantin L. habe um die 50 bis 70 Landsleute im Jahr angeworben, um sie auf Baustellen in Berlin für Abrissarbeiten zur Verfügung zu stellen – Schwarzarbeit über Jahre hinweg. Dem Vater L. werden insgesamt 38 Taten zur Last gelegt. Er soll von November 2015 bis Juli 2020 mit Scheinrechnungen gearbeitet und insgesamt Sozialabgaben in Höhe von 456.552 Euro nicht abgeführt haben.

Ausbeutung, die laut Anklage „auf einem gut durchorganisierten und erprobten System beruhte“. Die Arbeiter seien in der Regel bis zu zehn Stunden eingesetzt worden – oft an sechs Tagen die Woche. 12 Euro pro Stunde versprochen. Doch im Monat seien „oft nur 300 bis 600 Euro abgerechnet worden“.

Verzögerungen bei der Justiz bringen Strafrabatt, ein Deal winkt

Willkürliche Kürzungen bis hin zum kompletten Ausfall einer monatlichen Zahlung sei an der Tagesordnung gewesen. Große Teile des Lohnes seien für Transport, Verpflegung und Unterkunft (bis zu 200 Euro „Miete“) einbehalten worden. Üblich sei ein Probemonat gewesen – ohne Bezahlung. Sie führten ein Leben in Angst. Constantin L. soll für ein „subtilen Bedrohungsszenario“ gesorgt haben, um die Arbeiter einzuschüchtern. Von Schlägen und sogar Waffen sei gesprochen worden. Ein System der Überwachung. Um 21 Uhr habe der „Abendappell“ stattgefunden. Bei „Regelverstößen“ habe es Schläge gesetzt, so die Anklage.

Das Verfahren zog sich in die Länge – auch wegen Personalmangel bei der Justiz. Die Verzögerungen bringen nun Strafrabatt. Ein „Deal“ winkt im Prozess, es läuft auf lächerlich wirkende Bewährungsstrafen hinaus. Fortsetzung: Donnerstag. ■