Bizarrer Prozess in Berlin

Hütchenspieler ruft 110 – gegen Ex-Feuerwehrmann!

Ein Ex-Feuerwehrmann soll plötzlich „falscher Bulle“ gewesen sein, ein Hütchenspieler ruft die echte Polizei – und am Ende sitzen Betrüger und vermeintlicher Ordnungshüter gemeinsam vor Gericht.

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Ein Hütchenspieler ist am Checkpoint Charlie aktiv.
Ein Hütchenspieler ist am Checkpoint Charlie aktiv.dpa

Dass ein Hütchenspieler selbst die Polizei ruft, ist schon selten. Aber dass er ausgerechnet einen angeblichen Polizisten meldet – das ist wirklich filmreif. Genau so passierte es am 5. April 2024 mitten in Berlin.

Auf der Anklagebank: Nima H. (36), Ex-Feuerwehrmann, der plötzlich als „falscher Polizist“ dasteht. Im Zeugenstand: Vatam H., Profi-Hütchenspieler, der sonst Touristen abzockt – diesmal aber die 110 wählte.

Alles begann harmlos. Nima H. schlenderte mit seiner Freundin Richtung DDR-Museum. Auf der Karl-Liebknecht-Brücke sah er die altbekannte Masche: Drei Becher, eine Kugel – und jede Menge gutgläubige Touristen, die auf den Trick reinfallen. Einer „gewinnt“ locker 50 Euro, die Gier packt die Schaulustigen, schon sind sie in der Falle. Sechs bis acht Kriminelle arbeiten hier Hand in Hand. Vor allem asiatische Touristen fallen immer wieder drauf rein.

Doch an diesem Tag griff Nima H. ein. Er wusste: alles Betrug! Also rief er die Polizei. Die kam, erteilte Platzverweise – und verschwand. Doch kaum waren er und seine Freundin wieder aus dem Museum raus, stand die Truppe erneut am Marx-Engels-Forum. Dreist, wie eh und je. Wieder wählte Nima H. den Notruf.

Polizei gerufen und plötzlich von Männern umringt

Dann eskalierte die Lage. Nima H. verfolgte einen Spieler, plötzlich war er von mehreren Männern umringt. Um den Hals trug er einen Dienstausweis der Feuerwehr – in einer Hülle, wie sie Polizisten tragen. „Ich habe mich nicht als Polizist ausgegeben, sondern habe die Polizei gerufen!“, beteuerte er später. Doch was sahen die Hütchenspieler? Einen Mann mit Ausweis an Kette, energisch auftretend, die Hand ausgestreckt wie ein Cop.

Vatam H. wollte es genau wissen, forderte: „Zeig mal richtig!“ Er filmte die Szene mit seinem Handy. Vor Gericht wurde das Video abgespielt: Zu sehen ist Nima H. mit Sonnenbrille – und einem Schweizer Messer in der Hand. Zwar war die Klinge eingeklappt, aber der Anblick wirkte bedrohlich. „Ich fühlte mich bedrängt“, erklärte er dem Richter.

Warum aber trug er überhaupt den Ausweis um den Hals? Nima H. war früher Rettungssanitäter bei der Berliner Feuerwehr. Heute sei er ehrenamtlicher Sanitäter, nutze die Kat-Retter-App. „Deshalb hatte ich den Dienstausweis immer dabei“, sagte er. Dass er ihn nach seinem Abschied von der Feuerwehr gar nicht hätte behalten dürfen, wunderte auch den Richter.

Auf dem Handyvideo wirkt er jedenfalls wie ein echter Gesetzeshüter. „Ich bin Berliner Feuerwehrmann und habe die Polizei gerufen. Sie bleiben bitte hier, bis die Polizei da ist!“, hört man ihn rufen. Dann schwingt er sich auf einen E-Scooter – wird aber von den Hütchenspielern festgehalten.

Relaxter Hütchenspieler: Falsche Polizei ist verboten

Im Gerichtssaal saß Vatam H. derweil entspannt wie im Kino. Bullig, Glatze, Umhängetasche. Gelassen sagte er: „Ich habe die Polizei gerufen. Denn falsche Polizei ist verboten.“ Später erklärte er noch, er habe „die Nase voll vom Hütchenspiel“. Ob man ihm das glaubt, ist fraglich.

Am Ende hatte der Richter ein Problem: Amtsanmaßung? Schwierig. „Auf dem Video sahen Sie anders aus als heute“, sagte er zum Angeklagten. „Aber es sieht nicht so aus, als ob Sie den Ausweis bewusst einsetzten.“ Der Rat: „Lassen Sie ihn künftig da, wo er ist.“ Das Verfahren wurde eingestellt. Nima H. musste nur auf sein beschlagnahmtes Messer verzichten.

Und der Hütchenspieler? Der hätte sich sogar noch die Fahrtkosten vom Staat holen können. Doch Vatam H. winkte gönnerhaft ab: „Nicht nötig.“