Die Hecke steht nicht mehr im brandenburgischen Garten, sondern blüht nun im Buchsbaumhimmel. Birken an märkischen Landstraßen sehen jämmerlich aus und unsere Berliner Wohnung wird neuerdings von komischen Insekten gestürmt. Veränderungen allerorten, „Der Sommer war sehr groß“ würde ich gern Rilke zitieren, kann aber leider nur konstatieren, er war vor allem sehr warm.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) stellt fest, dass im vergangenen Sommer in Deutschland die Durchschnittstemperatur 18,6 Grad betrug und damit um 2,3 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990 lag. Er reiht sich damit ein in die Serie zu warmer Sommer, wie der DWD schreibt. Der erste Herbstmonat brach dann alle Rekorde, der September war laut DWD der wärmste seit Messbeginn 1881.
Wegen der Wärme kam der Buchsbaumzünsler auch in unsere Breiten
Die hohen Temperaturen waren dem Anschein nach ganz nach dem Geschmack unserer Buchsbaumzünsler. Vor einigen Jahren zog der aus Asien stammende Kleinschmetterling wegen der steigenden Temperaturen in heimische Breiten ein, machte es sich auch in viele Berliner und Brandenburger Gärten bequem. Hier päppelt er nun seinen gefräßigen Nachwuchs auf - nimmersatte Raupen. Er fand auch den Weg in unseren Garten, in dem in den 70er und 80er Jahren ambitionierte Hobbygärtner eine kunstvolle Buchsbaum-Hecken-Welt geschaffen haben. Vom heckenfressenden Zünsler hatten sie in jenen kühleren Zeiten wahrscheinlich noch nie gehört.
Wir wiederum bekämpften den Eindringling seit Jahren, doch in diesem Sommer erlahmte unser Elan. Wir hatten zu wenig Zeit für die nötigen groben Duschen, mit denen die Raupen von den Buchs-Blättchen gespült werden sollen. Und auch mühselige Absammelaktionen und Biozid-Versuche haben wir ausgelassen. Der Zünsler fand unsere Tatenlosigkeit prima, sein Kindergarten hat einen wunderbaren Sommer gehabt und die Buchsbäume nun keine Blätter mehr. Von ihren grau-braunen Gerippen trennen wir uns jetzt nach und nach.
Birken mit schütteren Kronen
Wenn ob dieser misslichen Angelegenheit meine Laune in den Keller zu rutschen droht, fahre ich manchmal mit meiner Mutter übers Land. Immer wieder sagt sie mir dann, schau doch mal, wie schütter die Kronen der Birken jetzt überall sind. Ich mochte es zuerst nicht glauben, doch inzwischen weiß ich, dass auch die Bäume mit der auffälligen weißen Rinde mit Hitze und Trockenheit kämpfen. Ihr Laub wird braun, ihre Äste kahl. Mit ihren Blättern schwinden auch meine Gewissheiten.

Dazu gehörte bislang etwa, dass im Herbst Spinnen aller Größen und Arten probieren, als Untermieter in warmen Wohnungen und Kellern unterzukriechen. Aber diese Krabbler, die neuerdings versuchen, unsere Wohnung zu vereinnahmen, gab es noch in keinem Herbst zuvor in dieser Anzahl. Sie sehen mit ihren fossil wirkenden Panzern so aus, als entstammten sie Urzeiten. Als ich einen von ihnen etwas grob mit einem Tuch anfasse, verbreitet sich ein äußerst unangenehmer Geruch - Stinkwanzen. Experten nehmen an, dass warme und trockene Jahre für diese Insekten äußerst anregend und fruchtbar sind. Daher also die ungekannte Invasion.

Was werden uns heiße Sommer noch bringen? Ich will zumindest vorbereitet sein. Im Netz entdecke ich ein Angebot der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Sie lädt am Donnerstag (12. Oktober) zu einem Rundgang in Potsdam ein. Der Titel: „Klimawandel im Unesco-Welterbe Park Sanssouci - Rundgang zu den dramatischen Folgen und Methoden der Bewältigung des Klimawandels.“ Ich werde wohl hingehen.