Seit Mittwoch sucht Langenscheidt wieder nach dem „Jugendwort des Jahres“, dabei steht das wichtigste Wort des Jahres eigentlich jetzt schon fest: nämlich das „Boomer-Wort des Jahres“!
Die Idee kommt von TikToker Levi Penell, der, wie viele andere junge Leute, genug hatte von der Initiative zum Jugendwort des Jahres. Langenscheidts Jugendwort sei zu realitätsfern und werde entschieden von Leuten, die so weit von „der Jugend“ entfernt sind, wie es nur eben geht. Das kenne ich auch noch aus meiner Jugend: Das Jugendwort war immer irgendwie ein Wort, von dem ich noch nie gehört hatte, und als Jugendlicher hatte man immer das Gefühl, dass die Diskussion darüber Jugendliche eher vorführte als wohlwollend gegenüberstand.
Gen Z sucht auf TikTok nach „Boomer-Wörtern“
Levi machte also die Gegen-Initiative: Wenn die „Boomer“ nach einem neuen Wort suchen, das die Jugend gerade oft verwendet, sucht die Jugend eben im Gegensatz dazu nach einem veralteten deutschen Wort (eben ein Wort, das „Boomer“ benutzen), das viel zu selten verwendet wird. Als „(Baby-)Boomer“ werden diejenigen bezeichnet, die zwischen 1945 und 1964 geboren sind. Abgestimmt werden konnte online, und Levis jugendliche Follower beteiligten sich zu Hunderttausenden.
Die Top-10-Wörter stammte zur Hälfte aus den am meisten gelikten TikTok-Kommentaren, zur anderen Hälfte von anderen Gen-Z-TikTokern, die Levi zur „Jury“ erkoren hatte. Mit am Start waren Worte, die so richtig urdeutsch sind: „Firlefanz“, „flippig“, „harsch“, „knorke“, „Obacht“, „Papperlapapp“, „Sapperlot“, „schnabulieren“, „Sportsfreund“ und „steiler Zahn“. Mein persönlicher Favorit, „Fisimatenten“, hat es leider nicht so weit geschafft.
@levihallo Wir suchen das ✨Boomer-Wort✨ des Jahres
♬ original sound - Levi Penell
„Sportsfreund“ wird Boomer-Wort des Jahres 2024
Die Hoffnung war erst, dass man es irgendwie schaffte, Susanne Daubner anzuheuern, um das „Boomer-Wort“ zu verkünden, wie sie es auch beim Jugendwort des Jahres macht. Das scheint nicht geklappt zu haben. Stattdessen schaltete sich „Tagesschau“-Kollege Jens Riewa ein, um auf Levis TikTok-Kanal die Top 3 zu verkünden: „Sportsfreund“, „schnabulieren“ und „Papperlapapp“. Haushoher Gewinner? „Sportsfreund“, mit fast 50 Prozent der Stimmen. Ein Wort, das, wie auch Levi meint, großartig zur kommenden Fußball-Europameisterschaft passt.
Werden wir also in der EM-Berichterstattung jetzt häufiger das Wort „Sportsfreund“ zu hören bekommen? Wird sich vielleicht sogar die Nationalmannschaft als „11 Sportsfreunde“ bezeichnen? Und werden Ihre Kinder und Enkel bald anfangen, Sie „Sportsfreund“ zu nennen? Das wird sich zeigen. Sicher ist jedenfalls, dass die Aktion um das „Boomer-Wort des Jahres“ zwar vor allem als Trotzreaktion zu Langenscheidts Jugendwort-Aktion entstanden ist, letzten Endes aber eigentlich eine Liebeserklärung wurde: an die deutsche Sprache, sogar irgendwie an die Boomer.
Ganz alleine und organisch, ohne irgendwelchen Medien- oder Lehrer-Einfluss, haben sich Hunderttausende Jugendliche zusammengeschlossen, um davon zu schwärmen, was für coole Wörter Boomer eigentlich benutzen. Und das finde ich schon ziemlich knorke.
Jana Hollstein schreibt immer dienstags für den KURIER über die große weite Welt des Internets. Mails an wirvonhier@berlinerverlag.com. ■