Kolumne „Wir ♥ Tiere“

Tschüss, Twinkie! Warum ein Katzen-Happy-End mich nicht glücklich macht

Unser Autor sorgte dafür, dass eine ihm zugelaufene Katze ihr Frauchen wiederfand. Trotz aller Freude: Der Abschied von dem tierischen Gast auf Zeit fiel schwer.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Unbeschreibliche Wiedersehensfreude: Ein Frauchen hat ihre entlaufende Katze wieder. (Symbolfoto) 
Unbeschreibliche Wiedersehensfreude: Ein Frauchen hat ihre entlaufende Katze wieder. (Symbolfoto) Westend61/imago

Heute ist einer der traurigsten Tage in meinem Leben! Ich könnte heulen, dabei habe ich gerade eine Berliner Katzen-Mama glücklich gemacht, die ihren süßen Liebling vermisste. Doch statt mich zu freuen, bricht mir das tierische Happy End fast das Herz!

In ein paar Stunden wird die Frau da sein, um Twinkie zu holen, eine grau-getigerte Katze, die in meiner Familie ein neues Zuhause gefunden hatte. Plötzlich stand sie vor wenigen Tagen da, als mein Sohn von der Uni kam und sie mauzend durch die Haustür in Richtung Küche huschte.

Die Katze ist bestimmt durch unseren Garten gestromert, auf Mäusejagd gewesen, wie so manch andere ihrer Artgenossen aus der Nachbarschaft auch. Aber ins Haus kamen sie nie.

Nun steht diese Mieze plötzlich in der Küche. Eigentlich wollte ich, dass sie sofort verschwindet. Denn ich weiß, was passiert, wenn ich einer Katze zu nahe komme. Ich verliere sofort mein Herz an sie.

Twinkie, unser Katzen-Gast auf Zeit: Immer wieder kam die Mieze zu uns, suchte in der Familie des Autors offenbar ein neues Zuhause. Denn sie will mehr als nur Futter.
Twinkie, unser Katzen-Gast auf Zeit: Immer wieder kam die Mieze zu uns, suchte in der Familie des Autors offenbar ein neues Zuhause. Denn sie will mehr als nur Futter.Norbert Koch-Klaucke

Schließlich hatte ich selber einmal einen Stubentiger – eine schwarz-weiße Britisch-Kurzhaar-Katze. Mimi hieß sie – und ich habe sie geliebt. Als sie vor einigen Jahren mit stolzen 17 Jahren starb, kam ein neues Samtpfötchen dennoch nicht infrage. Der Grund war die Katzenfellallergie meines Sohnes.

Nun kommt der Sprössling mit einer Katze im Schlepptau an. Ihr süßer Blick, ihr zärtliches Mauzen, dann fängt sie auch noch an, verführerisch um meine Beine zu streichen. Und schon ist es passiert, meine Katzenliebe ist erwacht!

Aber ich ermahne mich. Die Mieze gehört bestimmt einem Nachbarn, will nur um Futter betteln und setzte das Tier vor die Tür. Ich denke: Gleich ist sie wieder bei ihrem Besitzer und die Welt ist in Ordnung.

Ist sie aber nicht. Denn mitten in der Nacht ist die Süße wieder da, hat sich durch das offene Fenster in das Zimmer meines Sohnes geschlichen. Es ist kalt draußen. Gut, eine Nacht. Am nächsten Morgen lässt mein Sohn die Katze aus dem Haus. Doch schon am Abend steht sie wieder vor der Tür. 

Bei so einem Anblick wird jeder schwach: Heimlich ist Twinkie beim Lüften durch das offene Fenster in das Zimmer des Sohnes gekommen, macht es sich auf dem Bett bequem und schläft dort ein. Hat sie keinen Besitzer mehr?
Bei so einem Anblick wird jeder schwach: Heimlich ist Twinkie beim Lüften durch das offene Fenster in das Zimmer des Sohnes gekommen, macht es sich auf dem Bett bequem und schläft dort ein. Hat sie keinen Besitzer mehr?Norbert Koch-Klaucke

Immer wieder ist Twinkie da: Sie will mehr als nur Futter

Mein Sohn, der scheinbar gar nicht allergisch auf diese Katze reagiert, hat Futter besorgt, kümmert sich rührend um Twinkie, wie wir die süße Mieze nun nennen. Sie geht, sie kommt, und sie bleibt immer mehr. Sie hat sich schon ein Plätzchen auf dem Sofa ausgesucht, schlummert dort, schnurrt zufrieden, wenn sie ihre Streicheleinheiten bekommt. Und davon gibt es viele.

Mittlerweile spürt man: Twinkie will von uns nicht nur Futter, obwohl sie eine kleine Fresskatze ist, sondern auch jede Menge Liebe. Die bekommt sie reichlich, von meiner Frau, von meinem Sohn, seiner Freundin und von mir. Twinkie hat unser Herz erobert, und wir offenbar ihres.

Ihre beruhigende Art tut dem hektischen Familienalltag gut. Aber wir wissen, dieses kleine Glück wird und darf nicht von Dauer sein. Denn Twinkie muss doch ein echtes Frauchen oder Herrchen haben.

Obwohl wir Katzenklo, Katzenstreu, Fressnäpfchen und Futter für unseren tierischen Gast besorgen – es könnte ja sein, dass wir den Besitzer nicht so schnell finden, und ins Tierheim soll Twinkie nicht –  erkundigen wir uns in der Nachbarschaft, ob jemandem eine Katze entlaufen ist. Fehlanzeige. Keine Suchplakate an Laternen und Bäumen, wie es sonst der Fall ist.

Dafür berichten Nachbarn, dass sie unsere Twinkie kennen, da sie auch schon bei ihnen war. Eine Nachbarin, die selber Katzen hat, sagt mir: „Bestimmt wurde die Mieze ausgesetzt und hat nun bei Ihnen ein neues Zuhause gefunden.“

Norbert Koch-Klaucke mit der entlaufenden Katze, die zufrieden auf dem Sofa liegt. Der KURIER-Reporter weiß, das kleine Glück mit Twinkie ist nicht auf Dauer und sucht nach ihrem Besitzer.
Norbert Koch-Klaucke mit der entlaufenden Katze, die zufrieden auf dem Sofa liegt. Der KURIER-Reporter weiß, das kleine Glück mit Twinkie ist nicht auf Dauer und sucht nach ihrem Besitzer.Norbert Koch-Klaucke

Das mag ich nicht glauben, auch wenn ich mich freuen würde, Twinkie behalten zu dürfen. Aber ich bin mir sicher, da gibt es jemanden, der sich verzweifelt fragt, wo sein Liebling geblieben ist. Also melde ich mich bei der Tierschutzorganisation Tasso als Suchhelfer an, bekomme Meldungen von vermissten Katzen aus der Region. Twinkie ist nicht dabei.

Wem gehört Katze Twinkie? Auf der Suche nach dem Besitzer

Wir hoffen, dass sie gechippt und registriert ist. Das könnte uns weiter helfen. Meine Frau holt von einer Freundin einen Scanner, so müssen wir nicht zum Tierarzt.

Die Suche mit dem Chip-Code der Katze hat auf der Tasso-Internetseite Erfolg. Der Kontakt mit dem Eigentümer wird gemacht
Die Suche mit dem Chip-Code der Katze hat auf der Tasso-Internetseite Erfolg. Der Kontakt mit dem Eigentümer wird gemachtNorbert Koch-Klaucke

Und Tatsache: Als Twinkie heute früh von ihrem nächtlichen Ausflug wieder bei uns ist, findet das Gerät bei ihr einen Chip. Auf dem Display des Scanners erscheint eine 15-stellige Transpondernummer, quasi der „Ausweis“ der Katze.

Ich rufe beim Tierheim Berlin an. Dort sagt man mir, dass ich die Nummer auf dem Internetportal Petmaxx.com eingeben muss. Treffer! Die Katze ist bei Tasso registriert. Auf der dortigen Internetseite gebe ich ebenfalls die Nummer ein und erfahre: Twinkie heißt Fienchen mit „ie“.

Nun weiß ich, dass ich ihrem Besitzer schon sehr nahe bin. In einem Formular melde ich den Katzenfund, gebe meine Handynummer an, die an Fienchens Besitzer geht.

Es dauert keine Stunde, da meldet sich Fienchens Katzen-Mama am Telefon. Sie sagt, sie sei gerade aus unserer Nachbarschaft weggezogen, habe in der neuen Wohnung die Handwerker und gab daher die Katze einer Frau in unserer Nähe in Obhut. Doch Fienchen riss aus.

Es sind nur noch Minuten, bis ihr Frauchen da ist. Sie klang am Telefon überglücklich, dass ihr Liebling bei uns ist und es ihm gut geht. Gleich wird sie ihr Fienchen, unsere Twinkie, in die Arme schließen. Und ich weiß, dass nun die Welt für alle wieder in Ordnung ist, auch wenn meiner Familie und mir der Abschied schwerfällt. Mach es gut, Twinkie, pass auf dich auf! Wir werden dich nicht vergessen.

Norbert Koch-Klaucke schreibt normalerweise im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com