Ich habe in meiner Tier-Kolumne für den Berliner KURIER schon über allerlei Tiere geschrieben – große Tiere, kleine Tiere, niedliche Tiere, gefährliche Tiere. Doch über unechte Tiere habe ich noch nie geschrieben, insofern ist dieser Text eine Premiere. Unechte Tiere, fragen Sie? Durch Zufall bin ich darüber gestolpert, dass es genau das in einem Zirkus in Köln jetzt gibt. Die Betreiber machen in der Debatte, ob Tiere im bunten Zelt wirklich sein müssen, einen Schritt nach vorn – und lassen den ersten unechten Elefanten auftreten.
Elefant Monti begeistert die großen und kleinen Besucher im Circus Monroe
Es ist kein Witz: Im Circus Monroe sorgt seit geraumer Zeit der Elefant Monti für Lacher – ein unechtes Rüsseltier, unter dessen grauer Haut sich Menschen verstecken, die ihm Leben einhauchen. Der Fake-Elefant ist zwei Meter hoch, hat eine ledrige Haut, braune Augen und ein interessantes Innenleben: Er ist computergesteuert, wird von zwei Menschen im Inneren bedient, einer steckt in den Vorder-, einer in den Hinterbeinen. „Die Augen, die Ohren und der Sound können aber über Tasten gesteuert werden“, sagt Marco Monroe, der Sohn des Zirkusdirektors, dem WDR. „Der Rüssel hat eine Kamera, so dass wir freie Sicht haben.“
Der Elefant ist ein echter Hit – und wirkt in der diffusen Beleuchtung im Zirkuszelt wie ein echtes Tier. Auch Tricks hat er drauf. Entscheidend ist: Während die Tiere sonst lange trainiert werden, sind es hier die Zirkus-Künstler selbst, die abliefern müssen. Der Einsatz des Elefanten hat übrigens nur zum Teil mit dem Tierschutz zu tun – Monti soll vor allem eine neue Attraktion sein, die die Massen anzieht. „Es wird immer schwerer zu überleben“, sagt Zirkusdirektor Charles Monroe (64) in einem Interview. Zwischen anderen Reise-Veranstaltungen wie Hüpfburgen-Ausstellungen und Monstertruck-Shows müsse man sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen.
Ich finde den Nachbau des Elefanten großartig. Zugegeben: Als ich ihn zum ersten Mal sah, musste ich schmunzeln. Die faltige Haut, die treuen Augen und die schlackernden Ohren sind einfach urkomisch – hinzu kommt der Gedanke, dass drinnen zwei Menschen stecken, die das riesige Tier steuern müssen. Ein bisschen so wie beim klassischen Bild der beiden Kinder, die sich aufeinander stellen, sich einen Mantel umwerfen und so vorgeben, erwachsen zu sein. Zum anderen sehe ich aber große Vorteile. Und zwar nicht nur für die Tiere, sondern auf für den Zirkus und die Zuschauer, die hier die Vorstellung genießen wollen.
Auf echte Tiere will der Circus Monroe trotz Monti nicht vollends verzichten
Klar ist, dass mit einem solchen Ersatz keine echten Elefanten mehr im Zirkus leben müssten. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin dagegen, Zirkusse zu verurteilen, ihnen unsachgemäßen Umgang mit Tieren vorzuwerfen. Ich habe im Laufe meiner Karriere schon einige Menschen vom Zirkus kennenlernen dürfen und weiß: Für sie sind die Tiere Familie. Und doch ist es so: Elefanten gehören nicht in Zelte – Punkt. Auf der anderen Seite stellt sich aber auch die Frage, ob man eine Zirkusvorstellung aufgrund der Tierschutz-Debatte nur mit gutem Gewissen anschauen kann. Was den Elefanten Monti betrifft, kann man klar sagen: Ja, kann man. Auch den Zuschauern wird somit eine kleine Last von den Schultern genommen.
Am besten finde ich allerdings: Während man den Umgang mit Tieren vielleicht misstrauisch beäugt, darf man beim Elefanten Monti endlich wieder staunen! Denn ist das, was die Leute im Kostüm leisten, nicht einfach beeindruckend? Vor Jahren war ich mal bei „Gefährten“ im Theater des Westens, einem Stück, das sich um Pferde dreht. Natürlich sind hier keine echten Pferde auf der Bühne, sondern unechte, die von Puppenspielern bewegt werden. Was es dort zu sehen gibt, ist einfach unglaublich. Und auch beim Hit-Musical „König der Löwen“ macht das Puppenspiel einen Teil des Erfolges aus.
Natürlich will der Zirkus Monroe nicht vollständig auf Tiere verzichten. „Der Zirkus braucht Tiere und Kinder wollen die auch sehen“, sagt Marco Monroe. Und sein Vater merkt an, dass manche Kinder heutzutage einen Esel kaum vom Pferd unterscheiden könnten – Zirkusse sind also auch wichtig für die Bildung. Das kann man so oder so sehen. Was halten Sie vom falschen Elefanten? Schreiben Sie mir Ihre Meinung! Ich finde jedenfalls, dass Monti eine tolle Erfindung ist – und ein Win-Win-Tier. Keine Elefanten mehr im Zirkus? Und trotzdem eine beeindruckende Show-Nummer im Programm? Dafür gibt’s eigentlich nur ein Wort: elefantastisch.
Florian Thalmann schreibt jede Woche im KURIER über Tiere.
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