„Wir von hier“

Schuh am Angelhaken: Eine Schande, wie Umweltferkel unsere Seen vermüllen!

Unser Autor ist sauer! Denn leider verkommen die Berliner Gewässer immer mehr zu Müllhalden. 

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Schuh am Haken: Bisher hielt unser Autor Norbert Koch-Klaucke solche Fänge für Anglerlatein.
Schuh am Haken: Bisher hielt unser Autor Norbert Koch-Klaucke solche Fänge für Anglerlatein.Norbert Koch-Klaucke

Kennen Sie den? Sitzen zwei Angler am Fluss. Während der eine erfolgreich einen Fisch fängt, holt der andere erst einen Strumpf und dann einen Schuh aus dem Wasser. Sagt der erste Angler: „Du, wir müssen verschwinden. Da unten wohnt einer!“

Haben Sie auch so gelacht? Ehrlich gesagt, ich finde diese Ulk-Nummer nun überhaupt nicht witzig. Zu einem hat sie so einen langen Bart, dass man darüber noch nicht einmal mehr müde schmunzeln möchte. Das Allerschlimmste aber ist, dass mir dieser Witz tatsächlich passiert ist!

Vor wenigen Tagen war es, als ich mit meiner Frau auf einer Angeltour unterwegs war. Wir hatten uns die berühmte abendliche „blaue Stunde“ herausgesucht. Denn dieser Moment bei Sonnenuntergang gilt bei Petrijüngern als besonders fangträchtig.

Und tatsächlich, da springt doch ein schöner Hecht aus dem Wasser, der nahe dem Berliner Ufer des Griebnitzsees Jagd auf kleine Barsche macht. Doch den Raubfisch bekomme ich leider nicht an die Rute, dafür aber jede Menge Reste von Plastiktüten, die sich am Haken verfangen.

Ich bin sauer, wie Berliner Seen und Flüsse immer mehr zu Müllkippen werden

Leider ist dieser Plastikmüll keine Seltenheit, den ich bei so manchen Angeltagen aus den Tiefen dieses Sees heraushole und später in der Abfalltonne entsorge. Aber was dann geschah, ist mir noch nie passiert. Nach den Tütenresten hängt plötzlich ein Strumpf am Haken. Ich sage noch zu meiner Frau: „Ich würde mich jetzt nicht wundern, wenn noch ein Schuh dazu kommt.“

Bisher habe ich solche Fänge, die man sich gerne überall erzählt, als Anglerlatein abgetan. Doch dann ruckt es an der Schnur, die Rute krümmt sich, als hätte ein Hecht angebissen und ich hole tatsächlich einen schwarzen Lederschuh aus dem See!

Ein kaputter Strumpf und ein Schuh – ein Fangerfolg, den kein Angler haben möchte. Doch leider hängt oft immer mehr Müll an Haken, den andere in Seen und Flüsse der Stadt versenkt haben.
Ein kaputter Strumpf und ein Schuh – ein Fangerfolg, den kein Angler haben möchte. Doch leider hängt oft immer mehr Müll an Haken, den andere in Seen und Flüsse der Stadt versenkt haben.Norbert Koch-Klaucke

Ich bin sauer! Nicht etwa, weil ich einen Schuh und keinen Fisch gefangen habe. Ich bin erbost darüber, wie Umweltferkel ihren Dreck in den schönen Seen und Flüsse unserer Stadt versenken und diese so zu illegalen Müllhalden verschandeln. Was an dieser Zone zwischen Fahrrinne und Ufer des Griebnitzsees sonst noch so alles unter Wasser liegt, die vor allem bei Freizeitkapitänen zu einem der beliebtesten Ankerplätze für ihre großen Boote zählt, möchte ich erst gar nicht wissen.

Dabei kommt dieses Gewässer am Stadtrand noch recht gut weg. Anders ist es an der Spree in der Berliner City. Da liegt tonnenweise Schrott am Boden. Immer wieder kann man lesen und auch sehen, wie dort Einkaufskörbe, alte Fahrräder und E-Scooter an die Oberfläche befördert werden. Dazu kommen Teppiche, Stühle, Klamotten. Jährlich sind es Hunderte Kubikmeter Unrat, die Umweltferkel dort hinterlassen haben.

Hier holen Mitglieder der „Spree:publik“ ein Schrott-Fahrrad an der Oberbaumbrücke aus der Spree. Ihr Müllsammel-Aktionen sind ehrenamtlich.
Hier holen Mitglieder der „Spree:publik“ ein Schrott-Fahrrad an der Oberbaumbrücke aus der Spree. Ihr Müllsammel-Aktionen sind ehrenamtlich.Volkmar Otto

Ich möchte gerne wissen, was Menschen dazu treibt. Das zweifelhafte Vergnügen zu erleben, wie E-Roller so schön ins Wasser klatschen, kann es ja nicht nur sein. Für mich ist es eine Riesensauerei, wenn Freizeitkapitäne ihren Müll über Bord werfen, wie alte Schuhe, oder andere Zeitgenossen ihren Hausrat in die Flüsse versenken.  

Oft sind es Angehörige der Initiative „Spree:publik“, die den Dreck mit viel Aufwand wieder herausholen und ihn richtig entsorgen. Ehrenamtlich ist ihre Arbeit. Und wie dankt es ihnen die Stadt Berlin? Statt die Umweltferkel mit aller Härte zu jagen und zu bestrafen, versuchen man lieber, die Müllsammler aus der Rummelsburger Bucht zu vertreiben, die seit Jahren dort mit ihren Hausbooten ankern. Das ist kein Witz, sondern Berliner Realität!

Norbert Koch-Klaucke schreibt normalerweise freitags im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com