Kommentar

Höher's Eck auf Bornholm I in der Bauernstube: wie Arsch auf Eimer

Nach dem Aus der Kiezkneipe in der Gleimstraße starten die Wirtinnen in der Kleingartenanlage neu. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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Holger Gerber (63) ist seit 17 Jahren Pächter in der Bauernstube in der KGA Bornholm I. Zum Ende des Jahres gehen er und seine Frau Marion in den Ruhestand. 
Holger Gerber (63) ist seit 17 Jahren Pächter in der Bauernstube in der KGA Bornholm I. Zum Ende des Jahres gehen er und seine Frau Marion in den Ruhestand. Sabine Gudath

Berliner Kleingartenlokale sind die letzte Bastion, seit die Eckkneipen sterben. Wer schon mal mittwochs in der Bauernstube zum Boulettenabend war, der weiß wovon ich schreibe. Kein Schischi, Hipster nur in Maßen, andächtig schauen sie rüber zu den Alteingesessenen, die mit dem Stammplatz an der Bar. Das Bier ist erschwinglich, es wird berlinert, die die schweigen wollen im Dämmerlicht, dürfen. Hinterm Tresen solcher schützenswerten Orte stehen meist Männer und Frauen, die das Herz am rechten Fleck und immer einen Spruch locker auf der Zunge haben. 

Es ist also ein Glücksfall, dass die Bauernstube, von der übrigens keiner genau weiß, wieso sie so heißt, nun an das Team vom Höher's Eck übergeht. Da schlagen zwei Herzen im gleichen Takt. Das passt wie Arsch auf Eimer. Nach fast 20 Jahren Pacht gehen die jetzigen Betreiber Marion und Holger Gerber zum Ende des Jahres in den Ruhestand.

Die beiden Geschäftsführerinnen Athina und Sonja Dürre vor dem Höher's Eck ziehen um in die Kleingartenanlage Bornholm I. 
Die beiden Geschäftsführerinnen Athina und Sonja Dürre vor dem Höher's Eck ziehen um in die Kleingartenanlage Bornholm I. Volkmar Otto

Athina Dürre und ihr Team aus dem Höher's Eck sind zur Stelle, weil ihre Kiezkneipe Höher's Eck in der Gleimstraße wegen Lärmbeschwerden gehen musste. Dass nun das Lokal samt Belegschaft in die Kleingartenanlage Bornholm 1 zieht, ist wie ein Gewinn im Lotto. Hier wie dort gibt es ein unausgesprochenes Gesetz: jeder ist willkommen, wie er ist. Hier können sie noch sein: die Skatrunden, die Laubenpieper, die Ein-Bier-am Abend-Trinker, die Damenrunde mit Sekt am Nachmittag. 

Dass es in die Bauernstube im Sommer auch viele junge Leute zog, wird sich mit den neuen Wirtinninnen noch verstetigen. Wenn Tradition eine Zukunft hat, dann so. Nur wo das Alte bleiben darf und das Neue behutsam wächst, blühen die Bier-Blumen von Berlin. Ende gut, alles gut? Nein! Denn mit jeder Eckkneipe die verschwindet, geht ein Stück Berliner Seele. Am Ende bleiben die Bauernstuben und die Eckkneipen doch wieder nur kleine Inselchen in einem Einheitsbrei, den uns der Kommerz anrührt.