Kurier im Kiez

Hilfe, wir haben einen neuen Mitbewohner – eine Wasserkefirkultur

Wie ich eine persönliche Beziehung zu Wasserkefir-Kristallen aufbaute und ein saugutes Sommergetränk herstellte.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Die Kefirknollen werden ein bis drei Tage im Zuckerwasser gelassen, dann erhält man ein köstliches, säuerliches Getränk. 
Die Kefirknollen werden ein bis drei Tage im Zuckerwasser gelassen, dann erhält man ein köstliches, säuerliches Getränk. BK/Hildebrandt

Ich gebe es zu, bis zu dem Moment, in dem eine Bekannte mich von diesem eiskalten, leicht sauren, prickelnden, zitronigen Getränk probieren ließ, hatte ich noch nie etwas von Wasserkefir gehört. Was in Gourmet-Kreisen wahrscheinlich längst ein alter Hut, und in bio-regionalen Supergeheim-Spitzen-Restaurants schon mal für über 40 Euro die Flasche an den Tisch kommt, traf meine Geschmacksnerven unvorbereitet. Wasserkefir ist ein köstliches, fermentiertes Getränk, bei dem kleine Bröckchen und Zucker für die Entstehung eines Gesund-Trunks sorgen. Doch zur Herstellung später mehr Details.

Kultur mit vielen Namen: Japankristall, Japanische Kristallalge, Himalaya-Kristallalge, Tibi, Tibicos

Die weißliche Kefirkultur jedenfalls kommt eines Montagabends in einem Glas mit Zuckerwasser in unsere Familie. Unser neuer Mitbewohner hat viele Namen, lerne ich: Japankristall, Japanische Kristallalge, Japanische Meeresalge, Himalaya-Kristallalge, Tibi, Tibicos oder lebende Körnchen – graines vivantes.  Die Kristalle bestehen aus Hefen und Milchsäurebakterien, die in einer Symbiose leben. Mit der Härte von Kristallen haben die Bröckchen aber nichts zu tun, die Konsistenz ist eher gallertartig. „Immer schön füttern“, sagt mir die freundliche Spenderin. Dass dies noch in Stress ausarten wird, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 

Abenteuer Wellnessdrink: Wasserkefir

Ich mache mich also voller Abenteuerlust auf ins Wasserkefirabenteuer.  In Bio-Läden im Internet kann man mittlerweile Starterkits für den als Wellnessdrink beworbenen Wasserkefir kaufen. Ich aber habe schon alles, was man braucht, zu Hause. Ich löse 60 Gramm stinknormalen Zucker in einem Viertelliter heißem Wasser auf. Dazu gieße ich einen halben Liter kaltes Wasser, unser neuer Mitbewohner mag es gern lauwarm. In den Ansatz in einem Glasgefäß, die empfindliche Kultur mag nämlich kein Metall, kommen 30 Gramm Trockenfrüchte, bei uns sind das Rosinen und Aprikosen, die liefern den Stickstoff, für eine Reaktion, die ich nicht erklären kann. 

Weiterhin zwei Scheiben unbehandelter Zitrone dazu, Deckel druff und warten. Alle 24 Stunden soll das Glas geöffnet werden, damit Kohlensäure entweichen kann. Der erste Wasserkefir ist nach zwei Tagen fertig. Er schmeckt gekühlt köstlich. Damit die lieben Kristalle nicht auf dem Trockenen sitzen, bereite ich gleich die zweite Runde zu. 

Der fertige Wasserkefir ist leicht trübe.
Der fertige Wasserkefir ist leicht trübe.IMAGO / Depositphotos

Doch dann kommt das Wochenende. Übers Wochenende wollen wir wegfahren. „Kann ich das Gebräu so lange alleine lassen?“, frage ich bange? Anstelle des Deckels decke ich die Mischung nun mit einem Geschirrhandtuch ab, wird schon nix explodieren, hoffe ich. Je länger man die Mischung stehen lässt, desto saurer wird sie. Irgendwie menschlich, so eine Kefirkultur. Als wir wiederkommen, schaue ich gleich als Erstes nach dem Glas. Alles in Ordnung, kleine Bläschen steigen fröhlich zur Begrüßung auf, als ich an dem Glas rüttle. Alle zwei bis drei Tage produziere ich nun auf diese Weise Limo. Dieser Sommer wird, wenn es so weitergeht, als der Wasserkefir-Sommer in die Geschichte eingehen. Wenn man seine Sache gut macht, vermehren sich die Bröckchen auch noch bei jedem Durchgang und man kann seinen Freunden mit Kefirkulturen eine Freude machen. 

Wasserkefir ist nicht nur lecker, auch gesund soll das Getränk sein. Probiotische Bakterien und Hefen sind gut für den Darm, sie sollen entzündliche Zustände lindern.  Darüber hinaus enthält Wasserkefir jede Menge gesunder Inhaltsstoffe, lese ich. Vitamine und Mineralien wie B-Vitamine, Vitamin K, Kalzium und Magnesium geben die Kefirknollen in das Getränk ab.

Hilfe, ich brauche eine Kefir-Pause

Doch langsam geht es mir wie in dem Märchen mit dem süßen Brei. Ein Aufguss jagt den nächsten. Und mir fällt das Stopp-Wort nicht ein. Ich würde gern auch mal eine Weißweinschorle trinken oder ein Bier. Hier ist das gute alte Kaltstellen die Lösung, lerne ich. Die gewaschenen Kristalle können für ein, zwei Wochen in Zuckerwasser kühl gelagert werden. Nach der Kühlschrankpause kippt man die Flüssigkeit weg und gibt die Wasserkefirkristalle in einen neuen Ansatz. Doch erst als ich lese, dass Wasserkefir auch gut als Dünger für Pflanzen eingesetzt werden kann, bin ich richtig erleichtert. Man kann dann auch mal eine Flasche in die Tomaten gießen, wenn man genug von der gesunden Limo hat. Deren Pflege stellt mich übrigens in den Wochen des Sommerurlaubs vor ähnliche Probleme ...   ■