Kolumne „Wir von hier“

Besonderes Angebot der BSR: Ins NochMall gehe ich sicher nochmal

Ein Besuch des außergewöhnlichen Gebrauchtwarenkaufhauses in Berlin-Reinickendorf hat unsere Autorin überrascht

Author - Claudia Pietsch
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Seit 2020 gibt es das Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall der BSR in Berlin-Reinickendorf. Man findet dort, was man nicht gesucht hat.  
Seit 2020 gibt es das Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall der BSR in Berlin-Reinickendorf. Man findet dort, was man nicht gesucht hat. Gerd Engelsmann

Von einer Großtante väterlicherseits bekam ich vor vielen Jahren eine Vase. Ein blau-graues Ungetüm, das vorgibt teure chinesische Verwandte zu haben. Die Kruke lag mir nie am Herzen, aber sie begleitete mich anhänglich über mehrere Umzüge. Mal stand sie dann im Flur, dann wieder auf dem Balkon oder sie wurde gleich in eine dunkle Ecke verbannt. Genutzt wurde sie nie.   

Doch neulich war mein Entschluss endgültig. Das Ding braucht einen Besitzer, der es mag und nicht so nachlässig behandelt wie ich. Der Plan, das gute Stück auf einem Flohmarkt zu veräußern, scheiterte bislang an Zeitmangel. Und die Vase ihrem Schicksal in einer Zu-verschenken-Kiste auf der Straße auszuliefern, dazu konnte ich mich einfach nicht durchringen. Deshalb besuchte ich das BSR-Gebrauchtwarenkaufhaus NochMall in Reinickendorf. Da wollte ich sowieso schon immer mal hin.  

Im NochMall gibt es Dinge, die zu schade zum Wegwerfen sind

Weil ich mich für Probleme mit Müll in der Großstadt interessiere und ich die Selbstbeschreibung des Hauses „Erlebnisort für Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung“ immer ein bisschen zu großspurig fand. Offeriert werden den Angaben zufolge Dinge, die in den BSR-Recyclinghöfen am Hegauer Weg, der Lengeder Straße und der Gradestraße noch für gut befunden werden, die viel zu schade zum Wegwerfen sind und ein zweites Leben verdient haben.

Eine Annahme direkt am Nochmall-Kaufhaus gibt es auch. Brauchbare Dinge kann man dort loswerden. Meine Vase wurde von einem jungen Mann mit einem wohlwollenden Blick gewürdigt und mir endlich abgenommen. Adieu! Im Gegenzug bekam ich einen Rabattgutschein für einen etwaigen Erwerb im Nochmall-Kaufhaus. Ich war mir sicher, dass ich den nicht brauchen würde, denn ich wollte doch nur etwas loswerden und auf keinen Fall ein neues Stehrümchen anschaffen.  

Doch als ich durch das helle Kaufhaus schlenderte, war ich alsbald begeistert. Möbel, Kleidung, Elektrogeräte, Geschirr, Gläser, Spielzeug, Bücher, Schallplatten werden auf einer mehr als 2000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche angeboten. Ein entzückendes Sammelsurium, dargeboten in einem freundlichen Ambiente in Holz und mit viel Industrie-Charme. Wie ein überraschender Trödelladen de luxe.  

Das Motto des Gebrauchtwarenkaufhauses NochMall in Berlin-Reinickendorf lautet: „Alles ausser neu“.
Das Motto des Gebrauchtwarenkaufhauses NochMall in Berlin-Reinickendorf lautet: „Alles ausser neu“.Jürgen Ritter/imago

Fast ein Klavier im NochMall gekauft

Ich sprach mit einer geduldigen Verkäuferin und staunte über eine Menge unglaubliche Produkte. Am liebsten mitgenommen hätte ich zwei Bauhausstühle, ein Klavier und ein Röhrenradio, wie es meine Oma einst besaß. Doch blieb ich vernünftig. Nur schwer lösen konnte ich mich auch von den vielen Plattenkisten und gut bestückten Bücherregalen. Bei all dem war von muffiger Altkleidersammlung oder staubigem An- und Verkauf nirgendwo etwas zu spüren. Aber man findet vielleicht, wonach man nie gesucht hat. Und das für kleines Geld. 

Nach meiner Visite im Kaufhaus bin ich sicher: Ins Nochmall werde ich nochmal gehen. Auch wenn ich schon bei diesem Besuch nicht widerstehen konnte und doch etwas gekauft habe: Eine Vase! 

Claudia Pietsch schreibt montags im KURIER über Berliner und Brandenburger Befindlichkeiten.
Kontakt zur Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com