Irgendwie ist es ja jammerschade, aber irgendwie ist es auch passend! Hertha BSC verabschiedet sich aus diesen Fußball-Jahr mit einem 0:0 gegen Zweitliga-Schlusslicht Osnabrück. Damit ist die tolle Serie auf neun Spiele in Folge ohne Niederlage ausgebaut. Aber wieder mal verschenken die Blau-Weißen zwei Punkte. Und sie müssen feststellen: Ohne Riese Reese geht es nicht.
Denn der Schock kam schon vorm Anpfiff. Fabian Reese war nicht mal im Kader. Ein Infekt bremste den nimmermüden Antreiber, Vorbereiter, Vollstrecker und Fan-Liebling aus. Vieles konnte Hertha in dieser Halbserie wegstecken, Reeses Ausfall nicht.
Ohne Reese fehlt den Youngsters die Power
Trainer Pal Dardai brachte für ihn den Dänen Gustav Christensen von Beginn an, besetzte mit Derry Scherhant (für Marten Winkler) auch den anderen Flügel neu. Die Youngster versuchten es, aber ohne Reese fehlte offensiv der letzte Tick.
Hertha fand nur langsam in den Rhythmus, hatte durch Haris Tabakovic (10., 25.), Marc-Oliver Kempf (38.) und Scherhant (45.+1) auch Chancen, aber wirklich in Verlegenheit brachten sie VfL-Torwart Philipp Kühn damit nicht. Und weil Osnabrück nach dem überraschenden Punkt zuletzt gegen St. Pauli nur auf Torverhinderung aus ist, sahen die 43.650 Zuschauer einen eher müden Kick. Die Ostkurve verpasst nichts, als sie in den ersten zwölf Minuten (wie die Ultras in allen Stadien auch) schweigt aus Protest gegen die DFL-Entscheidung für einen Investor. „Wir werden kein Teil eures Deals sein - scheiß DFL“ steht deutlich zu lesen auf großen Bannern.
Auch in der zweiten Halbzeit war Hertha spielerisch überlegen, aber Zählbares kam nicht mal ansatzweise heraus. Und mit Gewalt ging es schon gar nicht: Florian Niederlechner ging in jeden Zweikampf, warf sich rein, wo es nur ging – einmal leider auch ohne Rücksicht auf Verluste. Niederlechner pflügte in eine Zweikampf-Folge rein, erwischte Lukas Kunze am Bein, Schiri Patrick Ittrich (Hamburg) zeigte Gelb. Dann meldete sich der Kölner Keller, Ittrich schaute sich alles selbst noch mal ganz genau und konnte dann nicht anders, als Gelb durch Rot zu ersetzen. Im TV war deutlich zu sehen, wie Niederlechner – ohne Absicht, aber mit reichlich Übereifer – mit der Sohle aufs Kunzes Schienbein stieg.
Klar war der Herthaner sauer. Auf dem Weg in die Kabine machte sich Niederlechner noch vor laufender TV-Kamera Luft und fluchte: „Scheiß Video-Beweis.“ Verständlich, aber in seinem Fall wäre ein „Scheiß Foul“ ehrlicher gewesen.
Nur noch zu zehnt ging erst recht nichts mehr. Schade, die perfekte Woche mit sechs Punkten in der Liga und dem Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals bliebt ungekrönt. Trotzdem: Nach dem Mehr-als-Holperstart sind 25 Zähler zum Ende der Hinserie durchaus vorzeigbar.
Pal Dardai hatte vorher gesagt: „Ich bin schon zufrieden, mit drei Punkten mehr bin ich sehr zufrieden.“ Da bleibt Interpretationsspielraum, wie sich der Trainer mit einem Zähler Zuwachs fühlt. Egal, in der Rückrunde hat Hertha noch alle Möglichkeiten. Insofern: Frohe Weihnachten. ■