Gestörte Atmung, Kreislaufprobleme, allergische Schocks, Hitzekrämpfe: Die Symptome von Hitzeschäden reichen bis zu lebensbedrohlichen Symptomen – und werden bei Kindern systematisch vernachlässigt. Eine neue Studie belegt: Schon bei 25 Grad sind Kinder massiv gefährdet, Hitze über 30 Grad bedeutet für Schulkinder in Berlin ein 10-fach höheres Risiko für Gesundheitsschäden.
Sommerzeit, gute Laune, Badezeit: So ist die allgemeine Wahrnehmung der warmen Jahreszeit. Aktuell rollt bereits die nächste Hitzewelle auf Berlin zu, spätestens am Dienstag wird voraussichtlich erneut die 30-Grad-Marke in der Region geknackt. Mittwoch könnten es sogar 36 Grad werden. Doch Abkühlung im See oder im Freibad ist für Kinder die Ausnahme an wenigen Stunden und Tagen. Überwiegend verbringen Schulkinder ihre Zeit in warmen Klassenräumen, auf glühend-heißem Asphalt im Freien und in häufig überhitzten Wohnungen.
Klimaanlagen außerhalb von Büros, Hotels oder Geschäften gelten in Deutschland als Luxus. Die Folge: Hitzeschäden bei Kindern und Jugendlichen treten weitaus häufiger auf, als bislang bekannt. Eine Auswertung der Krankenkasse DAK legt ein 6-fach höheres Risiko für Hitzeschäden bei Jüngeren nahe, sobald die Temperaturen 25 Grad erreichen. Um das 10-fache steigt das Risiko für Schulkinder in Berlin sogar, sobald die Temperaturen 30 Grad oder mehr erreichen.
Arme Kinder in Berlin extrem von gesundheitsgefährdenden Hitzeschäden betroffen
Besonders alarmierend ist der Zusammenhang mit einer weiteren Auswertung, die gerade veröffentlicht wurde: Danach sind insbesondere Kinder armer Familien vom Hitzestress in Berlin betroffen: Wohlhabende können sich freistehende Häuser in Berlins Umland leisten, Geringerverdienende leben häufig in beengten Mietwohnungen, die sich im Sommer schnell aufheizen und kaum Abkühlung in der Nacht ermöglichen. Die Folge: 73 Prozent der Kinder klagen laut Umfragen an heißen Tagen unter Schlafproblemen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Kreislaufbeschwerden.
Angesichts der Gesundheitsgefährdung durch den Hitzestress ist die Zahl von Kindern, die wegen Hitzeschäden behandelt werden, überschaubar: Die DAK geht von 180 Kindern und Jugendlichen jährlich aus, die nach Sonnenstich, Hitzekrämpfen und Erschöpfungssymptomen infolge von Hitze-Stress behandelt wurden. Zwar hält Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), nicht alle hitzebedingten Beschwerden für behandlungsbedürftig.
Hitzschlag kann unbehandelt tödlich enden: Das müssen Sie bei DIESEN Symptomen sofort veranlassen
Doch ein Hitzschlag kann unbehandelt sogar lebensbedrohlich werden: Wichtig ist, Betroffene bei ersten Anzeichen (Schwindel, Benommenheit, Kreislaufprobleme) sofort in den Schatten zu bringen, mit feuchten Tüchern für Abkühlung zu sorgen. Soweit die Person noch bei Bewusstsein ist: Getränke anbieten und den Oberkörper hochlagern. Ist die Person benommen, sollte man stattdessen die Beine hochlagern. Bei Bewusstlosigkeit sind Ersthelfer-Kenntnisse gefragt: Die Person in die stabile Seitenlage bringen – und sofort die 112 anrufen. Tipps zur Ersten Hilfe beim Hitzschlag gibt des Rote Kreuz.
Doch Michael Hubmann rät, keinesfalls zu warten, bis Kinder bewusstlos werden: „Bei gestörter Atmung, Kreislaufproblemen, Schwindel oder schweren allergischen Reaktionen ist eine medizinische Versorgung unumgänglich.“ Der Kinderarzt geht davon aus, dass sich „angesichts des fortschreitenden Klimawandels ... Fälle von hitzebedingten Schäden in unseren Praxen häufen werden“.