Es gibt nichts, was dieser Lebensmittelkonzern aus dem Westen Deutschlands nicht hat. Denn jetzt ist die Oetker-Gruppe aus Bielefeld auch stolzer Besitzer der legendären Backmischungen aus dem Osten. Der Konzern hat sich tatsächlich die DDR-Kultmarke Kathi aus Halle geschnappt und damit irgendwie zum Wessi gemacht.
Das Bäcker-Ehepaar Käthe Pötzsch und Kurt Thiele – aus ihren Namen entstand das Kunstwort Kathi, machte die Familienmarke ab 1951 in der DDR groß. Sie hatte die geniale Idee für eine Backmischung aus Tüten für jedermann, er setzte diese in dem Betrieb um. Heute ist das Familien-Unternehmen noch immer am Markt. Ihre 42 Backmischungen sind in allen Teilen Deutschlands ein Renner.

Trotz steter Beliebtheit scheint es bei Kathi zu kriseln. Marco Thiele, Geschäftsführer von Kathi, spricht von „anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ und einem „herausfordernden Marktumfeld“, dem sich der Familienbetrieb stellen müsste. Von hohen Kosten spricht Thiele in einem MDR-Beitrag.
Da brauche es starke Unterstützung, „mit der wir unser Familienunternehmen zukunftssicher und innovationsfähig aufstellen können“, so der Geschäftsführer. Daher wurde Kathi nun an den mächtigsten Lebensmittelkonzern Deutschlands verkauft.
Nicht nur Kathi: Oetker machte schon Radeberger zum Wessi
Die Oetker-Gruppe gehört mit über 29.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von knapp sieben Milliarden Euro sogar zu den großen Familienunternehmen Europas.

Und es ist nicht das erste Mal, dass dieser Konzern ein Ostprodukt zum Wessi machte. Unter den 350 Firmen ist nicht nur Coppenrath & Wiese, sondern auch die Radeberger-Gruppe – natürlich mit dem Bier aus Radeberg, sowie den Berliner Marken Kindl, Schultheiss, Berliner Pilsner und Berliner Bürgerbräu. Das Flaggschiff des Oetker-Konzerns ist die Dr. August Oetker KG (Backmischungen, Pizza), die man schon als den mächtigen Konkurrenten von Kathi aus Halle ansehen kann.

Was für die Ost-Marke und dem Betrieb gezahlt wurde, darüber wurde Stillschweigen vereinbart. Carl Oetker, Mitglied der Gruppenleitung der Oetker-Gruppe, ist zufrieden. „Es wird uns eine Freude sein, Kathi als Mitglied unserer Gruppe begrüßen zu können. Als familiengeführtes Unternehmen passt das Unternehmen ganz hervorragend zu den Werten, Zielen und der Strategie des Familien-Unternehmens Oetker.“
Was das heißt, wird sich in Zukunft zeigen. Für Bundestagsabgeordnete Janina Böttger (Linke) ist der Deal ein weiterer Ausverkauf des Ostens.
„Was auf den ersten Blick nach einer erfolgreichen Unternehmenssicherung aussieht, ist in Wirklichkeit ein weiterer Schritt im Ausverkauf ostdeutscher Wirtschaftskraft“, sagt sie. „Wenn jahrzehntelang aufgebaute, erfolgreiche Mittelständler wie Kathi keine andere Perspektive mehr sehen, als sich einem Großkonzern zu unterwerfen, dann läuft strukturell etwas schief – und das ist politisch gemacht.“
Kathi-Geschäftsführer Thiele versichert dagegen: Sowohl die Produktionsstätte in Halle als auch die 70 Mitarbeiter sollen bleiben. An den Produkten werde sich nichts ändern. Das bisherige Management bleibt. Die Branchen-Gewerkschaft NGG hofft, dass die Kathi-Mitarbeiter nun nach Tariflohn bezahlt werden.