Chaos herrscht in den Berliner Bürgerämtern. Dabei versprach der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), dass alles künftig schneller und besser in den Behörden beim Bearbeiten der Anliegen der Berliner laufen soll. Da es offenbar mit der digitalen Terminvergabe per Internet nicht klappt, soll nun wieder analog vorgegangen werden. Der Plan des Senats: Berliner sollen künftig wieder bei Problemen spontan ins Bürgeramt kommen können – also ohne Termin. Ob das etwas bringt, soll jetzt ein Test zeigen.
Es ist zum Haare raufen. Kurz mal vor den Herbstferien den Pass für eine geplante Reise verlängern zu lassen, ist in Berlin ein Ding der Unmöglichkeit. In allen Bürgerämtern der Stadt ist derzeit kein Termin für eine spontane Ausweisverlängerung möglich. „Leider sind aktuell keine Termine für ihre Auswahl verfügbar“, heißt es da auf der Online-Terminvergabe auf dem Internetportal „berlin.de“.
Das ist trauriger Alltag. In Berlin müssen Bürger, die ein wichtiges Behördenanliegen haben, bis zu acht Wochen auf einen Termin warten. Dabei hatte der Regierende Bürgermeister Wegner angekündigt, das Ziel sei, Bürgeramtstermine innerhalb von 14 Tagen zu ermöglichen.
Das war vor mehr als anderthalb Jahren. Passiert ist gefühlt nichts. Nun soll den Bürgerämtern der Bezirke testweise ausprobiert werden, was es bringt, an einzelnen Tagen ohne Terminvergabe zu öffnen.
„Wir würden gerne eine entsprechende terminfreie Aktion ausprobieren“, sagte die Staatssekretärin für Verwaltungsmodernisierung, Martina Klement, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir hatten kürzlich eine weitere Runde mit den Bezirken und arbeiten gerade gemeinsam ein Konzept beziehungsweise die Rahmenbedingungen für diese Aktion aus.“
Ohne Termin ins Bürgeramt: Auch Teststart wartet auf genauen Termin
Aber auch diese Idee dauert. Denn ein fertiges Konzept dafür gibt es natürlich noch nicht, damit der Test schon in den kommenden Tagen beginnen kann. Es muss noch in den kommenden Wochen zu Ende bearbeitet werden. Wir sind ja in Berlin, schnell ist woanders.
Immerhin will man dann schon „Ende November im Lenkungskreis Bürgerdienste mit den Bezirksstadträten besprechen, welche Bezirke sich an der Aktion beteiligen werden“, wie Klement ankündigt.
Und dann geht es noch vor Weihnachten los? Ach, was – selbst auf den Teststart muss man warten. Einen genauen Termin gibt es dafür nicht. „Wir möchten die Aktion dann 2025 durchführen“, sagt nur die Staatssekretärin.
Wegen des Vorausbuchungszeitraums im Online-Terminbuchungssystem betrage Vorlaufzeit dafür mindestens 56 Tage. „Wir wollen die Erfahrungen aus den terminfreien Tagen anschließend auswerten und dann entscheiden, ob und wie wir dauerhaft auch terminfreie Tage anbieten können.“

Viele Berliner werden sich noch erinnern, wie es vor Jahren war, wenn man spontan ins Bürgeramt kam, eine Nummer zog und dann ewig im vollen Wartesaal sitzen oder stehen musste, bis man dann rankam. So manche hatte sogar Pech, mussten nach Hause gehen, weil die Behörde schloss.
Aber das soll im Test nicht geschehen. „Ich bin zuversichtlich, dass es an den terminfreien Tagen nicht so lange Schlangen geben wird, wie das vor einigen Jahren noch der Fall war“, so die Staatssekretärin. Die weit überwiegende Anzahl der Berliner bekomme einen Termin fürs Bürgeramt und nutze den dann auch.
Ohne Termin ins Bürgeramt: Muss der Test wirklich sein?
„Außerdem halte ich die Bugwelle an Terminwünschen, die wir vor uns herschieben, für nicht so hoch wie von einigen befürchtet“, sagt Staatssekretärin Klement. „Deshalb würde ich terminfreie Tage gerne mit den Bezirken ausprobieren, die dabei mitmachen wollen. Wenn sich die terminfreien Zeiten bewährt haben, dann sollten wir ein solches Angebot auch auf Dauer einführen.“
Doch so mancher Bezirk muss noch überzeugt werden. Denn gab es bereits aus den Bezirksämtern kritische Hinweise, an Tagen ohne Terminvereinbarungen sei erheblicher Andrang nicht auszuschließen – und Frust bei längeren Wartezeiten könnten für gefährliche Folgen sorgen.
„Leider kommt es in den Bürgerämtern immer mal wieder zu unschönen Situationen und manchmal auch zu Übergriffen auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagte Klement. Das sei je nach Standort der Ämter zum Teil unterschiedlich. Für die terminfreie Aktion werde ausreichend Sicherheitspersonal eingeplant.
„Wir müssen natürlich sicherstellen, dass nur so viele Bürgerinnen und Bürger in die Ämter hineinkommen, wie es für die Bürgerämter leistbar ist.“ Das müsse entsprechend organisiert werden. „Die Zugangssituation kann über einen Sicherheitsdienst abgefedert werden. Wir werden sicherlich auch eine Lösung hinsichtlich der Kosten für das Sicherheitspersonal finden“, sagte Klement.
Aber muss der Test überhaupt sein? Denn Bürgeramtsbesuche ohne Termin seien im Übrigen schon jetzt verbreitet, sagt die Staatssekretärin. „Über ein Viertel der Dienstleistungen in den Bürgerämtern wird ohnehin ohne zuvor vereinbarten Termin erbracht.“
Warum wertet der Senat nicht diese Erfahrungen einfach schon jetzt aus, als noch einen kosten- und zeitintensiven Test zu veranstalten? Das hält doch die Beamten nur von wichtigeren Aufgaben ab – nämlich mal schnell einen Ausweis zu verlängern. ■