Viele Altberliner können die Mieten in der Innenstadt nicht mehr zahlen. Während Zugezogene die Teuer-Kieze in Prenzlauer Berg, Kreuzberg oder Mitte übernehmen, werden die Alteingesessenen an den Stadtrand verdrängt. Ein Trend, der sich auch im letzten Jahr verstärkt hat: Laut dem neuen Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin stiegen die Angebotsmieten im vergangenen Jahr um 12,5 Prozent.
Die Bevölkerung wächst, die Mieten steigen und es wird zu wenig gebaut. Weil es zu wenig Wohnungen gebe, habe die mittlere Angebotsmiete im vergangenen Jahr um 1,75 Euro pro Quadratmeter auf 15,74 Euro zugelegt, teilt die Investitionsbank Berlin in ihrem Wohnungsmarktbericht 2024 mit. Das ist ein Plus von 12,5 Prozent.
Berlin: In zwei Jahren 4,20 Euro pro Quadratmeter mehr
Damit sei der Wert in den vergangenen beiden Jahren um 4,20 Euro gestiegen – zwischen 2015 und 2022 habe es dagegen nur ein Plus von 3,04 Euro pro Quadratmeter gegeben. Die IBB spricht von einer „herausfordernden Zeit am Berliner Wohnungsmarkt“.
4,20 Euro pro Quadratmeter mehr! Diese Preisexplosion können viele Berliner nicht mehr mit ihren Einkommen abfedern. Kostete zum Beispiel eine 60-Quadratmeter-Wohnung vor zwei Jahren noch 600 Euro kalt, werden jetzt 852 Euro verlangt – plus 252 Euro.
Zugleich wächst die Berliner Bevölkerung – im Jahr 2023 etwa um 26.951 auf 3,78 Millionen Einwohner. Das entspricht einem Plus von 0,7 Prozent und damit etwa dem Vor-Corona-Niveau. In den vergangenen zehn Jahren ist die Bevölkerung der Bundeshauptstadt um etwa neun Prozent gewachsen.
Besonders hoch sind die Mieten in der Innenstadt. Pro Quadratmeter wurde hier in den Inseraten sogar Mieten von 20 Euro und mehr verlangt. Die inserierte Angebotsmiete sei damit mehr als doppelt so hoch gewesen wie die ortsübliche Vergleichsmiete von 7,21 Euro pro Quadratmeter. Dies sei im Vergleich deutscher Metropolen mit 118 Prozent die höchste Differenz. Bei Umzügen innerhalb der Stadt verfestigt sich nach IBB-Angaben ein Muster: Neuberliner ziehen in die Innenstadt, Altberliner wandern in die Randbezirke ab.
Auffällig: Die Wohnungen im Ostteil Berlins sind heute oft teuer als die im Westen der Stadt. Am teuersten sind Wohnungen in Mitte, hier liegt die mittlere Angebotsmiete bei 19,91 Euro pro Quadratmeter – gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg (19,42 Euro) und Charlottenburg-Wilmersdorf (19,39 Euro). Dahinter rangieren: Pankow (17,00 Euro), Lichtenberg (15,15 Euro), Tempelhof-Schöneberg (14,67 Euro), Steglitz-Zehlendorf (14,59 Euro), Neukölln (14,50 Euro) und Treptow-Köpenick (14,45 Euro).
Am niedrigsten liegen die Angebotsmieten in Marzahn-Hellersdorf (immerhin aber auch schon 11,38 Euro), Spandau (12 Euro) und Reinickendorf (12,15 Euro).
Berlin baut viel zu wenig Wohnungen
Bausenator Christian Gaebler spricht von einem „geteilten Wohnungsmarkt“: „Auf der einen Seite stehen diejenigen, die eine Wohnung haben. Auf der anderen diejenigen, die eine Wohnung suchen“, sagt der SPD-Politiker. „Diejenigen, die suchen, müssen für eine Wohnung im Schnitt mehr als das Doppelte an Miete aufbringen. Das ist eine Situation, die wir ändern müssen.“ Dies gehe neben politischen Maßnahmen nur mit dem Neubau von Wohnungen.
Ein Umzug führt in Berlin inzwischen zwangsläufig zu einer finanziellen Zusatzbelastung – verursacht durch die derzeit hohe Differenz zwischen Bestands- und Angebotsmieten. Exemplarisch wird diese bei einem Paar mit zwei Kindern deutlich, wie der Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin an einem Beispiel erklärt.
Eine Wohnungsvergrößerung um ein Zimmer würde – je nach Umzug in eine Neubau- oder Bestandswohnung – eine Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete um 442 (im Bestand) bzw. 988 Euro (im Neubau) nach sich ziehen (+79 bzw. +177 Prozent).

Im Falle eines Wohnungswechsels mit gleichbleibender Wohnungsgröße einer alleinerziehenden Person steigt die monatliche Nettokaltmiete um 284 bzw. 744 Euro an (+51 bzw. +133 Prozent). Lediglich bei Umzügen in eine Wohnung der landeseigenen Wohnungsunternehmen wären moderate finanzielle Veränderungen möglich.
Das Problem verschärft der Senat, der seinem Ziel, jährlich bis zu 20.000 neue Wohnungen zu bauen, deutlich hinterherhinkt. Die Zahl der fertig gebauten Wohnungen lag der IBB zufolge 2023 bei 15.965. „Das Genehmigungsgeschehen nahm 2023 von 16.968 auf 15.902 Wohnungen ab – damit war es der niedrigste Wert in zehn Jahren“, so der Bausenator. Gründe dafür seien hohe Zinsen und hohe Baukosten. Gaebler hatte bereits eingeräumt, dass Berlin sein Wohnungsbauziel auch 2024 verfehlt hat.


