„Lohnt sich nicht“

Berliner wollen nicht arbeiten – weil die Mieten so hoch sind!

Wer Mindestlohn bekommt, der geht nur noch fürs Wohnen arbeiten, sagen Betroffene. Warum sich Arbeitslosigkeit für etliche Berliner lohnt.

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Jobcenter in Berlin. Die Arbeitslosigkeit steigt. Schuld sind auch die hohen Berliner Mieten.
Jobcenter in Berlin. Die Arbeitslosigkeit steigt. Schuld sind auch die hohen Berliner Mieten.Schöning/imago

Schock-Zahlen aus dem Juli. Die Bundesagentur für Arbeit schlägt Alarm: Die Arbeitslosigkeit ist auf sechs Prozent gestiegen – das ist deutlich mehr als normalerweise um diese Jahreszeit! Daniel Terzenbach (43), Vorstand der Arbeitsagentur, warnt, die schwache Wirtschaftsentwicklung belaste den Arbeitsmarkt. Die Folgen sind verheerend, auch was den Berliner Arbeitsmarkt angeht. Weil die Mieten in Berlin so teuer sind, wollen einige schon gar nicht mehr arbeiten. Es lohne sich einfach nicht.

▶ Arbeitslosenquote schnellt nach oben: Von Juni auf Juli kletterte die Quote um 0,2 Prozent auf sechs Prozent.

▶ Mehr Menschen ohne Job: Innerhalb eines Monats stieg die Zahl der Arbeitslosen um unglaubliche 82.000 auf jetzt 2,81 Millionen. Im Vergleich zum letzten Jahr sind das 192.000 Arbeitslose mehr.

▶ Weniger Jobangebote: Die Zahl der offenen Stellen bei der Bundesagentur sinkt drastisch. Vor einem Jahr gab es rund 69.000 mehr Stellenangebote.

Mietendemo im Berliner Zentrum gegen gierige Immobilien-Konzerne.
Mietendemo im Berliner Zentrum gegen gierige Immobilien-Konzerne.Christian Ditsch/epd

Mieten in Berlin inzwischen fast unbezahlbar

Einer der Betroffenen: Serkan (34). Die Bild-Zeitung sprach mit ihm. Vor drei Monaten verlor Serkan seinen Job. Ohne Ausbildung, aber mit stetiger Arbeit seit seinem 18. Lebensjahr, war er im Einzelhandel, in der Pflege und zuletzt beim Land Berlin tätig, wo er Flüchtlinge betreute.

Doch Serkan gibt nicht auf: „Ich würde alles dafür tun, meine Familie zu ernähren. Ich glaube, wer fleißig ist, der findet auch einen Job!“

Seine bittere Erkenntnis: „Wegen der hohen Mieten in Berlin lohnt es sich für viele nicht mehr zu arbeiten. Wer Mindestlohn bekommt, der geht nur fürs Wohnen arbeiten.“ Serkan fordert in Bild von der Politik einen höheren Mindestlohn, „damit man netto bei 1800 bis 2000 Euro rauskommt.“ Serkan ist einer von vielen, die lieber heute als morgen wieder arbeiten möchten.

Doch nicht alle sehen das so: Die durchschnittliche Verweildauer von Arbeitslosen liegt laut Bundesagentur bei fast 40 Wochen – das sind über neun Monate!

Und noch ein weiterer Tiefschlag: Die Ampel-Koalition wollte mit der Einführung des Bürgergeldes Langzeitarbeitslosen in feste Jobs verhelfen. Doch das Ziel wurde krachend verfehlt. Laut Recherchen von WELT fällt jeder zweite Bürgergeld-Empfänger nach drei Monaten wieder in die Grundsicherungsleistungen zurück. Das ist in Berlin nicht anders als anderswo. ■