Unser Zeitungs-Traum erfüllte sich, als der Berliner KURIER am 3. Dezember zum ersten Mal erschien. Aber wir Redakteure hatten wenig Schlaf. Das zumindest ist meine Erinnerung an die Anfangszeit.
Neue Zeitung für Berlin: So entstand 1990 der erste KURIER
Es war unmöglich, den Berliner KURIER in der Stadt zu übersehen. Auf den Straßen und Plätzen und in den Bahnhöfen riefen weißgekleidete Verkäufer das Blatt laut aus. Vor ihnen drängten sich neugierig die Leute. Nach dem Kauf für dreißig Pfennig (das sind heute so um die 15 Cent) packten sie die Zeitung und blätterten gespannt die Seiten um.
Beim Lesen der Schlagzeile auf Seite eins „Diepgen & Momper: Wir machen's gemeinsam“ spüre ich heute genauso wie damals mein Herz aufgeregt heftig schlagen. In der Redaktion hatten wir uns interessante Themen überlegt, intensive Recherchen und Interviews geführt, aber jetzt mussten wir uns beweisen!

Auf einem Markt, der plötzlich nach der politischen Wende in der DDR stark umkämpft war. Sofort war doch in Ost-Berlin die Wessi-Konkurrenz eingefallen und versuchte nun mit Krawall-Attitüde, einfach unsere Leser einzukassieren. Umbenannt in Berliner KURIER blieb die Zeitung genauso wie die Vorgängerin BZ am Abend trotzdem selbstbewusst. Schließlich war sie längst Tradition, zu diesem Zeitpunkt seit 41 Jahren die einzige Boulevard-Zeitung der DDR.

Mit dem frühen Arbeitsbeginn um 5 Uhr morgens hatten die erfahrenen DDR-Kollegen (keiner verwendete damals die weibliche Form, geschweige denn Sternchen oder Doppelpunkte!) null Probleme. „Da gewöhnt man sich dran“, beruhigten sie die Neulinge aus dem Westen.
KURIER im Osten Berlins: Wo drückt den Lesern der Schuh?
Uns allen gemeinsam war und ist das journalistische Ziel: Wo drückt den Lesern der Schuh? Nicht ausweichen, draufhalten auf die Probleme. Was die Arbeit damals erschwerte, dokumentiert der Artikel „Bitte warten! 160.000 Berliner bleiben weiter ohne Telefon“ in der Erstausgabe. Hatte die DDR doch bei der Telekommunikation ein massives Mangelproblem. Also mieteten wir in West-Berlin ein Büro an. Da gab es nur sechs Telefone für die Reporter. Stets auf der Jagd nach den neuesten Nachrichten, wie heute.




