Momentan scheint es dem Publikum zu gefallen, dass Frauen ihre Männer um die Ecke bringen. Für eine ganz ähnliche Geschichte bekam Sandra Hüller im Dezember den Europäischen Filmpreis. Jetzt legt Janina Hartwig, bekannt als Ordensschwester Hanna Jakobi aus der Fernsehserie „Um Himmels Willen“, nach – mit der rabenschwarzen Komödie „Das Huhn auf dem Rücken“.
In dem Stück von Fred Apke, das am 19. Januar Premiere in der Komödie am Kurfürstendamm feiert, spielt die 62-jährige Berlinerin eine Frau, deren gewalttätiger Mann (Harald Effenberg) holterdiepolter stirbt. Natürlich will sie es nicht gewesen sein, zumindest war es nicht Mord, obwohl sie ihn gestoßen hat, und ihr Nachbar (Sebastian Goder) soll ihr jetzt aus dem Schlamassel helfen. Janina Hartwig lebt heute in Bayern. Sie ist mit dem Landshuter Oberbürgermeister Alexander Putz liiert und hat seit ihrer Zeit an der Schule für Schauspielkunst Ernst Busch nicht mehr auf einer Berliner Bühne gestanden.
Frau Hartwig, was macht das Thema häusliche Gewalt so spannend und aktuell für Sie?
Häusliche Gewalt ist Alltag in Deutschland und steigt ständig an. Fast alle zwei Minuten wird ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt. Jede Stunde sind mehr als 14 Frauen davon betroffen. Im Jahr 2022 wurden über 240.000 Fälle registriert. Die Dunkelziffer nicht mitgezählt. Also das Thema ist nicht nur „spannend“, sondern muss auf die Tagesordnung.

Im Stück bekommen Sie Hilfe von einem Nachbarn. Der Totschlag soll vertuscht werden. Das war von Ihrer Figur aber nicht so gewollt, oder?
Der Totschlag soll nicht vertuscht werden. Es sollen Beweise gefunden werden, dass es Totschlag und kein Mord war. Das wird teilweise mit viel schwarzem Humor erzählt. Und der Zuschauer bleibt lange Zeit im Unklaren, was sich im Kopf der Frau abspielt und was tatsächlich Realität ist.
Janina Hartwig will die Zuschauer mit dem Stück berühren
Das Stück ist eine Komödie, aber auch ein Lehrstück über Moral. Wie groß ist die Schuld und wie viel Strafe muss es am Ende sein?
Das Stück soll auf humorvolle Weise, auch wenn es schwarzer Humor ist, die Leute dazu anregen, wieder aufmerksamer in der eigenen Beziehung, aber auch im Umfeld zu werden.
Darf man mit einem Totschlag ungestraft davonkommen? Und: Darf man dafür die Wahrheit überdehnen?
Sein moralisches Urteil muss jeder Zuschauer selbst fällen. Wenn wir mit unserem Spiel die Leute berühren, zum Nachdenken, aber auch zum Lachen bringen, haben wir viel erreicht.

Ihre Figur lebt in einer unglücklichen Ehe. Etliche Frauen erleben Gewalt. Was ist los in deutschen Wohn- und Schlafzimmern?
Für mich ist vor allem wichtig, eine Figur zu zeigen, die sich ihrer Situation gar nicht bewusst ist. Sie hat jahrelang geschwiegen und sich ihrem Schicksal ergeben. Sie hat für sich immer wieder Gründe gefunden, um die Gewalt ihres Mannes für sich zu erklären und zu akzeptieren. Das scheint in der Realität öfter stattzufinden, als wir glauben.
Janina Hartwig ist immer wieder gern in ihrer Geburtsstadt Berlin
Sie leben im vergleichsweise aufgeräumten Bayern. Kein Heimweh nach Berlin?
Ich bin immer wieder gern in Berlin. Hier lebt ja auch ein Teil meiner Familie. Und ich liebe das Kulturangebot und die Wildheit dieser Stadt. Ich genieße Berlin vor allem im Frühling und Sommer. Im Winter kann Berlin sehr grau und schmutzig sein. Dann finde ich Bayern mit seinen Bergen und der Italiennähe doch cooler.

Sind Beziehungen in Bayern eigentlich stabiler, oder tut man dort nur so als ob?
Ich denke, mit oberflächlichen Beurteilungen kommt man diesem Thema nicht bei. Man muss immer wieder genau hinschauen und sich nicht auf vorgefasste Meinungen verlassen.
Geschlechterkampf – wann ist das ein Thema bei Ihnen zu Hause? Sie sind mit einem Politiker liiert.
Für mich ist es extrem wichtig, eine Beziehung auf Augenhöhe zu leben. Nur so kann es für mich funktionieren. Gleichzeitig liebe ich es, wenn man voneinander lernt und sich gemeinsam weiterentwickelt.
Janina Hartwig will Beziehungen auf Augenhöhe leben
Ganz ehrlich: Wie oft wollten Sie schon Ihre Männer meucheln?
Noch nie. Ist nicht meine Art, so zu denken und fühlen.
Nach diesem Ausflug ins rabenschwarze Fach spielen Sie als Nächstes aber nicht wieder eine Nonne, oder?
Warum nicht? Auch Nonnen sind Menschen. Und über Menschen gibt es immer viel zu erzählen. Ich finde das spannend.
Die Fragen stellte Karim Mahmoud.
Karten für das Stück „Das Huhn auf dem Rücken“ mit Janina Hartwig in der Komödie am Kurfürstendamm im Ernst-Reuter-Saal gibt es ab 27,70 Euro im KURIER-Ticketshop oder unter Tel. 030/88 59 11-88. ■