Mutter und Kind (4) tot

Totraser von Berlin jammert: „Jeden Tag denke ich an die Opfer“

Ein Raser zerstörte eine glückliche Familie aus Belgien. Eine Erinnerung an den Unfall will er nicht mehr haben.

Author - Berliner KURIER
Teilen
Der Angeklagte (84) vor Gericht. Rechts: Bei einer Mahnwache nach dem Unfall wurden in der Leipziger Straße in Berlin-Mitte zwei weiße Figuren aufgestellt.
Der Angeklagte (84) vor Gericht. Rechts: Bei einer Mahnwache nach dem Unfall wurden in der Leipziger Straße in Berlin-Mitte zwei weiße Figuren aufgestellt.Pressefoto Wagner, Christoph Soeder/dpa

Die Mutter hatte mit ihrem Sohn im Kinderwagen die Leipziger Straße fast überquert. Doch ein Autofahrer raste über Bus- und Radspur, erfasste Emeline C. (41) und Guy (4), riss sie mit Tempo 89 aus dem Leben. Der Todesfahrer vor Gericht: Peter R. (84), Witwer aus Charlottenburg - „seit 1963 war ich Kraftfahrer im Fernverkehr, ohne Vorbelastungen“. Nun geht es um fahrlässige Tötung in zwei Fällen, fahrlässige Körperverletzung in fünf Fällen, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.

Horror-Crash auf der Leipziger Straße: Als er die Frau anfuhr, flog sie durch die Luft

Der 9. März 2024. Emeline C. mit Söhnchen Guy, ihr Partner Gregory D. (42) und ihre Schwester (42) wollten um 10.02 Uhr die Leipziger Straße in Mitte überqueren. Eine glückliche Familie aus Belgien, sie waren auf Kurz-Besuch, wollten Richtung „Mall of Berlin“. Doch R. im Ford Mondeo wollte laut Anklage den Stau vor einer Ampel umfahren, scherte auf die Busspur aus. Ein Gutachter: „Er beschleunigte auf 70 bis 90 Kilometer pro Stunde auf der Tempo-30-Strecke.“ Dann bretterte der Ford auf den Fahrradstreifen. Bis zum Horror-Crash. Ein Zeuge: „Das Auto kam angeschossen. Dann sah ich eine Frau fliegen.“

Der Todesfahrer nuschelte vor der Richterin: „Ich kann nichts dazu sagen.“ Sein Verteidiger verlas für ihn: „Es tut mir unendlich leid.“ Doch an den Unfall könne er sich nicht erinnern. Er sei aus Marzahn gekommen – „ich wollte zum Grab meiner Frau“. Nur bis zur Landsberger Alle könne er sich erinnern.

Nach dem verheerenden Unfall in der Leipziger Straße wurde bei einer Mahnwache an die Opfer erinnert: Der Totraser überfuhr eine Mutter und ihren kleinen Sohn.
Nach dem verheerenden Unfall in der Leipziger Straße wurde bei einer Mahnwache an die Opfer erinnert: Der Totraser überfuhr eine Mutter und ihren kleinen Sohn.Christoph Soeder/dpa

Horror-Crash in der Leipziger Straße: War der Angeklagte nicht fahrtauglich?

Ging es ihm nicht gut? Peter R.: „Bei Fahrtantritt hatte ich nicht den Eindruck, dass ich gesundheitlich beeinträchtigt bin.“ Seit dem Unfall leide er unter einer Belastungsstörung – „täglich muss ich an das Geschehen und die Opfer denken“. Unermessliches Leid. Gregory D. und die Schwester seiner totgefahrenen Frau sind im Prozess Nebenkläger. Doch sie schafften es nicht, persönlich zu erscheinen. Ihr Anwalt: „Sie haben körperlich und psychisch nicht die Kraft.“ Wie kam es zur tödlichen Raserei? War R. nicht fahrtauglich? Seinen Führerschein gab er nach dem Unfall ab. Urteil: 27. Juni. KE.