Die Menschen in Berlin kennen ihre Stadt in- und auswendig – da ist es schön, wenn sich ab und zu plötzlich Dinge verändern, die uns zum Rätseln bringen. Alle, die regelmäßig mit dem Auto über die B1 und B5 im Osten der Stadt fahren, dürften in den vergangenen Wochen ein solches Rätsel entdeckt haben: Auf einer Wiese in einer Straßenschleife von Märkischer Allee und Alt-Biesdorf stehen seit Wochen zwei riesige Cowboys als Kunststoff, die scheinbar in den Sonnenuntergang reiten. Was hat es mit den merkwürdigen Figuren auf sich? KURIER hat sich auf die Suche gemacht: Wir lösen das Rätsel der Cowboys von Biesdorf!
Cowboys in Biesdorf: Woher kommen die riesigen Figuren an der Märkischen Allee
Die beiden Figuren stehen mitten auf einer Wiese in der Straßenschleife, zielen mit Pistolen gen Osten. Wenige Meter entfernt: ein kleines Lagerfeuer, ebenfalls aus Kunststoff. Die Flammen lodern, an einer Stange rösten riesige Marshmallows. Die Figuren sehen aus, als kämen sie geradewegs von einem Rummelplatz. Und ringsherum rauscht der Berliner Verkehr. Da fragen sich viele: Wer hat die Cowboys von Biesdorf aufgestellt?
Die Antwort: Die Cowboys von der Märkischen Allee standen noch vor einiger Zeit unweit vom Alexanderplatz, auf einer Mittelinsel in der Otto-Braun-Straße vor dem Shopping-Tempel Alexa. Wer sich dort umschaut, kann noch immer die Silhouetten der riesigen Standfüße aus dem steinernen Untergrund entdecken.
Dahinter steckt ein Kunstprojekt: Das Kunstwerk von Peter Behrbohm und Anton Steenbock trägt den Titel „Jagd auf die große Bärin“ und stand früher in der Karl-Marx-Allee. Es soll eine Abrechnung mit dem Kapitalismus sein, der inzwischen auch in den schönsten Berliner Kiezen einreitet. Wer sich die Figuren, die übrigens den kleinen Plaste-Spielzeug-Cowboys aus der DDR nachempfunden sind, aufmerksam anschaut, findet die Anspielung schnell: Die Cowboys tragen Einkaufstüten, sind also offenbar auf Shopping-Raubzug.

Warum zogen die Cowboys vom Alex nach Biesdorf?
Nur: Warum zogen die Cowboys weiter – und ritten vom Alexanderplatz nach Biesdorf? Auf Nachfrage des KURIER teilt das Bezirksamt Mitte mit, dass am Standort vor dem Alexa die Genehmigung ausgelaufen sei. Das Bezirksamt Marzahn wiederum verrät, dass die Künstler selbst die Aufstellung in Marzahn-Hellersdorf beantragten. Eigentlich war die Kreuzung Alt-Biesdorf und Blumberger Damm für das Kunstwerk vorgesehen. Aber: „Da der ursprünglich geplante Aufstellungsort nicht dem Denkmalschutz entsprach, wurde jetzt in Abstimmung mit Denkmalschutz und Grünflächenamt ein neuer Standort gefunden“, teilt eine Sprecherin mit.

DDR-Cowboys an der Märkischen Allee: Darum stehen die Figuren nicht mehr am Alex
Die Straßenschleife aus Märkischer Allee und Alt-Biesdorf bietet den Cowboys nun ein neues Plätzchen für den Ausritt. Bis zu zwei Jahre könnten die Figuren dort stehen – und sollen damit nur den Auftakt für die weitere Reise des besonderen Kunstwerkes bilden. „Die Cowboys werden auch in den kommenden Jahren wie liegen gelassenes Spielzeug an anderen Orten auftauchen und als marodierende Halunken mit gezogenen Colts durch die staubige Prärie von Ostberlin ziehen“, teilen die Künstler auf KURIER-Anfrage mit.
Etwas Kritik gibt es aber doch. Der Senat verfolge einen raschen Rückbau von Kultur und Infrastruktur, schreibt Behrbohm. Man wolle die „in den letzten Jahren doch etwas ausufernd bunte Strahlkraft der Stadt auf ein ordentliches Normalgrau“ zurückfahren. „Der Bezirk Mitte versucht nach eigenen Angaben, sich von seinem Bestand an öffentlichen Kunstwerken binnen der kommenden zwei Jahre rigoros zu trennen – wohl, um den Touristen nicht noch mehr Grund zu geben, die überlastete Innenstadt zu verstopfen.“ In Mitte sei für die Cowboys mit ihren rauchenden Colts aber sowieso nichts mehr zu holen. „Die Cowboys sind weitergeritten, um im Osten Deals abzuschließen.“