Das Ende des Krieges, die Befreiung vom Faschismus war für Friedrich Wolff der erhebendste Moment in seinem Leben, das Ende der DDR das enttäuschendste Ereignis: Jetzt ist der frühere DDR-Anwalt Friedrich Wolff, der in den 90ern Verteidiger von Ex-Staatschef Erich Honecker war, im Alter von 101 Jahren gestorben.
Der Jurist sei am Montagnachmittag zu Hause in Wandlitz nördlich von Berlin friedlich eingeschlafen, teilte Verleger Frank Schumann am Dienstag unter Hinweis auf Wolffs Witwe mit.
„Alles was Recht ist“: In der DDR kannte man Friedrich Wolff aus dem Fernsehen
Wolff war zu DDR-Zeiten durch die Fernsehsendung „Alles was Recht ist“ bekannt. Zuvor war der Jurist, der aus einer jüdischen Familie stammte, Pflichtverteidiger in Ost-Berliner Schauprozessen gegen die früheren Nationalsozialisten Hans Globke und Theodor Oberländer, die in der Bundesrepublik Regierungsämter innehatten. Die beiden Westdeutschen wurden Anfang der 60er-Jahre in Abwesenheit wegen Taten in der NS-Zeit verurteilt.

Nach der deutschen Einheit vertrat Wolff nicht nur Honecker, sondern unter anderen auch die DDR-Politiker Hans Modrow und Hermann Axen in Strafprozessen vor gesamtdeutschen Gerichten. In einem Interview mit dem ND erzählte Wolff vor zwei Jahren, wie es zu dem Mandat in Sachen Honecker kam.
Der bekannte DDR-Anwalt Wolfgang Vogel rief ihn damals an. „Er fragte mich, ob ich den ‚großen oder den kleinen Erich‘, also Honecker oder MfS-Chef Erich Mielke, verteidigen wolle“, erzählte Friedrich Wolff. „Ich entschied mich für den ‚großen‘ und erhielt auch Honeckers Mandat. Es war eine große Herausforderung, den einstigen ersten Mann im Staate zu verteidigen, der nun als größter Verbrecher im Staate galt, auch bei den eigenen Genossen, die ihm früher nach dem Mund geredet hatten. Das reizte mich, weil es mich wurmte.“
Für Wolff sind die Anklagen und Urteile gegen Honecker und die anderen DDR-Größen ungesetzlich gewesen. „Es gibt den Rechtsgrundsatz, dass niemand für etwas verurteilt werden kann, was zum Zeitpunkt der Tat nicht als strafwürdig galt“, sagte er im Interview. „Das wurde in den sogenannten Politbüroprozessen missachtet, sonst hätte man keine Anklage erheben können.“
Mit Egon Krenz veröffentlichte er das Buch „Komm mir nicht mit Rechtsstaat“
Wolff lehnte auch den Begriff „Unrechtsstaat“ für die DDR ab. „Weil er unwissenschaftlich ist. Es gibt auch keine seriösen bundesdeutschen Juristen, die diesen Begriff verwenden würden“, erklärte er im ND. „Es ist ein Kampfbegriff aus der Politik, eine politische Floskel.“

Nach seiner Karriere als Anwalt schrieb Friedrich Wolff etliche Bücher, darunter die autobiografische Schrift „Verlorene Prozesse. Meine Verteidigungen in politischen Verfahren“ und „Komm mir nicht mit Rechtsstaat. Friedrich Wolff und Egon Krenz im Gespräch“.
Wolff war am 30. Juli 1922 in Berlin geboren worden. Er wird nach Schumanns Angaben auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt, wo seine Eltern bereits 1935 ein Familiengrab erworben hatten. ■