Sie war eine der schillerndsten Senatorinnen der Stadt: SPD-Politikerin Dilek Kalayci (58), die in der Corona-Krise die Gesundheitsverwaltung in Berlin leitete. Ihre Verdienste von einst zählen vor dem Berliner Landgericht nicht. Dort wird gegen die einstige Senatorin wegen Korruptionsverdacht verhandelt. Kurz vor Prozessende fordert der Staatsanwaltschaft jetzt eine Gefängnisstrafe.
Muss die SPD-Frau in den Knast? Es wäre schon ein herber Schlag gegen sie. Anderthalb Jahre Gefängnis lautet die Forderung der Berliner Staatsanwaltschaft – allerdings auf Bewährung. Dennoch: So ein Strafmaß wird der einstigen Gesundheitssenatorin wohl ewig nachhängen.
Außerdem soll Kalayci eine Geldstrafe 36.000 Euro (180 Tagessätze je 200 Euro) zahlen. Auch das forderte Staatsanwalt Dorian Dorschfeld am elften Verhandlungstag vor dem Landgericht Berlin. Nach seiner Meinung hätten sich die Vorwürfe der Anklage im Wesentlichen bestätigt.
Laut Dorschfeld hat sich Kalayci im Zusammenhang mit ihrer Hochzeitsfeier im Jahr 2019 wegen Bestechlichkeit schuldig gemacht. Beim mitangeklagten Chef einer Werbeagentur geht es um Bestechung, weil dessen Agentur die Hochzeit der Ex-Senatorin geplant und organisiert haben soll, ohne dafür entlohnt worden zu sein.
Auch für den Werbemann Thomas E. (59) beantragte Dorschfeld eine Haftstrafe – ein Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Dazu kommt noch eine Geldstrafe von 7.500 Euro (150 Tagessätze je 50 Euro).
Kalayci bestreitet Korruptionsvorwurf
Kalayci und E. haben die Vorwürfe bestritten. Nach ihrer Schilderung wurde die Rechnung aus Versehen nicht gezahlt. Es sei nicht darum gegangen, sich Vorteile zu verschaffen. „In 25 Jahren Politik habe ich sehr darauf geachtet, dass alles korrekt abläuft“, sagt Kalayci vor Gericht.
Thomas E. erklärt: „Es war zu keinem Zeitpunkt geplant, sie mit kostenlosen Dienstleistungen zu bestechen. Meine Agentur war auf fragwürdige Methoden nicht angewiesen.“
Der Staatsanwalt hielt die Darstellungen jedoch nicht für glaubwürdig. Aus seiner Sicht haben die Angeklagten im Prozess versucht, Verantwortlichkeiten abzuschieben auf Mitarbeiter beziehungsweise den Ehepartner.
Kalaycis Mann hatte ausgesagt, er habe eine ausstehende Rechnung durch eine hohe berufliche Belastung vergessen und „aus den Augen verloren“. Er könne die Schilderungen nicht nachvollziehen, so Dorschfeld. „Es erscheint mir fremd.“
Aus seiner Sicht musste Kalayci nicht bezahlen, weil sich der Agentur-Chef davon versprach, dass er von der Gesundheitsverwaltung den Auftrag für eine Werbekampagne zur Gewinnung von Nachwuchs für die Pflege erhält.
Den Gewinn für Kalayci bezifferte der Staatsanwalt auf 6.263 Euro, im Fall des Unternehmers auf 9.450 Euro. Er beantragte, diese Summen jeweils einzuziehen.
Muss Ex-Senatorin in den Knast? Urteil Anfang April erwartet
Dass der Staatsanwalt neben der Freiheitsstrafe eine Geldstrafe für dieselbe Tat beantragte, ist eine seltene Kombination. Das Gesetz lässt sie nach Angaben einer Gerichtssprecherin aber zu, wenn der Täter sich durch sein Handeln bereichert oder dies versucht hat und es die wirtschaftlichen Verhältnisse zulassen.
Der Prozess soll am 4. April mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt werden. Auch ein Urteil wird an dem Tag erwartet. ■