Das böse Wort Korruption geht um

Gute Geschäfte, aber warum? Verdacht gegen frühere SPD-Senatorin

Gegen Dilek Kalayci (SPD) und den Inhaber einer Berliner Werbeagentur wird wegen des Verdachts der Vorteilsannahme und der Vorteilsgewährung ermittelt.

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Dilek Kalayci (SPD) war erst Arbeits- und dann Gesundheitssenatorin.  2021 stieg sie aus der Politik aus.
Dilek Kalayci (SPD) war erst Arbeits- und dann Gesundheitssenatorin. 2021 stieg sie aus der Politik aus.Christian Ditsch/imago

Es hängt das Wort Korruption in der Luft: Im Fall der Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsannahme gegen Ex-Senatorin Dilek Kalayci (SPD) und wegen Vorteilsgewährung gegen den Inhaber einer Kommunikationsagentur sind jetzt Zahlen aufgetaucht. Danach hat Berlin in den Jahren 2015 bis 2022 über 6,7 Millionen Euro für Kampagnen der Agentur für die Senats-Arbeitsverwaltung gezahlt.

Kalayci war 2011 bis 2016 Arbeitssenatorin, danach Gesundheitssenatorin. Jetzt hängt ihr der Verdacht an, weil die Agentur –  von der CDU als SPD-nah bezeichnet – auch privat für die SPD-Politikerin tätig gewesen sein soll. 

Laut Tagesspiegel, der zuerst berichtet hatte, wies eine von Kalayci beauftragte Agentur den Vorwurf zurück.

Verdacht gegen Ex-Senatorin und Agentur-Chef

Gegen den Inhaber der Agentur, an der ein SPD-Funktionär beteiligt ist, und gegen Kalayci wird seit 2021 ermittelt: Geklärt werden muss, ob zwischen den mutmaßlichen privaten Verbindungen Kalaycis und der Agentur und den späteren Aufträgen von Kalayci-geführten Verwaltungen an die Firma ein strafrechtlich relevanter Zusammenhang besteht.

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Der Senat war bislang sehr zurückhaltend, was Angaben zu den Honoraren angeht. Jetzt aber wurde, für die CDU überraschend, im Nachgang auf eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Christian Gräff eine Liste der neun Aufträge geliefert, die von der Arbeitsverwaltung  erteilt worden waren: Die Summen liegen zwischen 306.000 und knapp 1,8 Millionen Euro, teilte die Verwaltung mit, die jetzt von Katja Kipping (Linke) geführt wird.

Keine Auskunft hingegen gibt es bislang seitens der Senats-Gesundheitsverwaltung zu den Summen, die für Kampagnen der Agentur in ihrem Auftrag bezahlt wurden. In Rede steht hier vor allem die Kampagne „Pflege deine Zukunft!“ Kalaycis aus dem Jahr 2021. Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz hatte in der Antwort auf eine Anfrage Gräffs erklärt: „Über die Vergütung kann aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses keine Auskunft gegeben werden.“

Agentur hatte von verschiedenen Verwaltungen Aufträge

Götz gab außerdem bekannt, dass auch die Senatsverwaltungen für Inneres und Kultur sowie die Bezirksämter Treptow-Köpenick und Tempelhof-Schöneberg mit der Agentur zusammengearbeitet haben. Die Aufträge seien über öffentliche Ausschreibungen, freihändig, über beschränkte Ausschreibungen oder nach Verhandlungen vergeben worden. Summen wurden von Götz nicht genannt. 

Laut Tagesspiegel hat das Unternehmen noch bis 2024 Aufträge der Gesundheits-Verwaltung, die Kalayci bis 2021 führte, als sie wie angekündigt die Politik verließ.

CDU-Generalsekretär Stefan Evers äußerte sich genervt. Es sei dringend erforderlich, dass alle Senatsverwaltung offenlegen, welche Beträge von ihnen gegebenenfalls an die Agentur geflossen sind. Die jetzt genannten Summen seien erst genannt worden, nachdem die CDU mit einem Untersuchungsausschuss gedroht hatte.

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Im Abgeordnetenhaus gaben sich Senatorinnen in der Kalayci-Angelegenheit zugeknöpft

Der Abgeordnete Gräff gräbt schon seit längerem an der Affäre. Mitte Januar fragte er im Abgeordnetenhaus:„ Gegen die ehemalige Senatorin Dilek Kalayci läuft wegen des Auftrags für die Kampagne ‚Pflege deine Zukunft!‘ an eine Kommunikationsagentur, die unter anderem auch der Generalsekretär der SPD, Kevin Kühnert, (...) und Dilek Kalayci privat auch in Anspruch genommen haben sollen, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Welche Maßnahmen sind eingeleitet worden, um den offensichtlichen Zusammenhang aufzuklären, und nach welchem Verfahren wurde der Auftrag ausgeschrieben sowie nach welchen Kriterien ist die Auftragsvergabe an diese Agentur erfolgt?“

Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) sagte damals dazu: „In der Tat ist es medienöffentlich, dass entsprechende Ermittlungen laufen. Konkretere Angaben zu dem Ermittlungsstand und den Ermittlungsinhalten kann ich bei dieser Gelegenheit beim besten Willen nicht machen.“

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) erklärte: „Was ich sagen kann, ist, dass wir selbstverständlich mit den Behörden zusammenarbeiten, wenn wir gefragt sind. Ich selbst persönlich werde natürlich keine Aussagen zu laufenden Verfahren machen, die meine Vorgängerin betreffen.“