Theater soll bluten

Sparhammer: Will der Senat die legendäre Volksbühne kaltstellen?

In Berlin müssen Milliarden eingespart werden, auch die Kultur ist betroffen. Die Volksbühne muss besonders bluten. Der Aufschrei ist entsprechend groß.

Teilen
Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz soll Millionen einsparen. Das ist existenzgefährdend.
Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz soll Millionen einsparen. Das ist existenzgefährdend.IPON/imago

Groß ist der Aufschrei bei den Berliner Bühnen, nachdem am Donnerstag der Sparhammer des Berliner Senats verkündet wurde. Milliarden müssen eingespart werden, davon ist auch der Kulturbetrieb nicht ausgenommen. Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz fühlt sich dabei besonders beschnitten. Und es stellt sich tatsächlich die Frage: Will der Senat das weltberühmte Ost-Theater kaltstellen?

Die Künstlerische Betriebsdirektorin der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Celina Nicolay, äußerte sich jetzt wenig begeistert über die Sparpläne des Senats. Sie erklärte, dass die beschlossene Budgetkürzung von 2 Millionen Euro für das Jahr 2025 rechnerisch bedeute, den künstlerischen Etat für Regieteams, Gastschauspieler, Vorstellungskosten, Reihen, Sonderveranstaltungen und damit verbundene Nebenkosten der Volksbühne auf null zu setzen.

„Dieser im Vergleich mit den anderen Häusern völlig unverhältnismäßige Einschnitt lässt den Schluss zu: Die Volksbühne soll aufs Abstellgleis gesetzt werden“, so Nicolay. „Es ist völlig unverständlich, dass die Berliner Kulturpolitik diesen substantiellen Kahlschlag an der Ost-Ikone des Sprechtheaters stillschweigend akzeptiert.“

Nicolay betonte, dass sich das Ensemble, die Mitarbeitenden und die Leitung der Volksbühne bereits in einer Ausnahmesituation befänden. Nach dem plötzlichen Tod des Intendanten René Pollesch hielten sie mit unermüdlichem Einsatz nicht nur den Betrieb aufrecht, sondern sorgten auch dafür, dass der Proben- und Spielbetrieb trotz fehlender Interims-Intendanz auf Hochtouren laufe. Statt diese Arbeit und die damit verbundenen Anstrengungen zu unterstützen, werde die Zukunft der Volksbühne aufs Spiel gesetzt.

Volksbühne muss auf Neuproduktionen verzichten und Ticketpreise erhöhen

Sie erklärte, dass die Attraktivität der Volksbühne insbesondere für die Neubesetzung der Intendanz und die Interimslösung erheblich sinke. Das Haus müsse sich im Jahr 2025 ohnehin mit gestiegenen Mietkosten, höheren Mindestgagen und einem zu geringen Investitionsansatz im Wirtschaftsplan auseinandersetzen, was bereits Einsparungen von rund 500.000 Euro bedeute und den Betrieb an die Grenzen führe.

Berlins Ex-Kultursenator Klaus Lederer warnt vor einer völlig verschnarchten Stadt.
Berlins Ex-Kultursenator Klaus Lederer warnt vor einer völlig verschnarchten Stadt.Funke Foto Services/imagio

Nicolay: „Um nun zu versuchen, das Unmögliche möglich zu machen, ziehen wir in Erwägung, im kommenden Jahr auf mindestens zwei Neuproduktionen zu verzichten, frei werdende und eigentlich dringend benötigte Stellen im künstlerischen und nicht künstlerischen Bereich nicht nachzubesetzen und dementsprechend die Anzahl der Proben, Kooperationen, Vorstellungen und Veranstaltungen zu reduzieren. Die damit einhergehende Einnahmenminderung, faktisch eine zusätzliche Budgetkürzung, muss womöglich durch höhere Ticketpreise teilweise ausgeglichen werden. Dies würde den Zugang für breite Teile der Bevölkerung erschweren.“

Künstlerischer Aderlass an der Volksbühne zu erwarten

In jedem Fall sei für das Jahr 2025 ein enormer künstlerischer Aderlass zu erwarten, der keinesfalls verstetigt werden dürfe. Nicolay forderte, dass die Volksbühne von Kürzungen im derzeit in Arbeit befindlichen Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2026/27 ausgenommen werde.

Wenn im Haushalt 2025 überproportional im Vergleich zu anderen Theatern gekürzt werde, müsse dies im Jahr 2026 entsprechend ausgeglichen werden. Andernfalls werde die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz nicht in der Lage sein, den Proben- und Spielbetrieb aufrechtzuerhalten, und steuere unausweichlich auf einen Kollaps zu, vor dem niemand die Augen verschließen dürfe.

Auch andere Theater machten ihrem Ärger über die Berliner Sparpläne Luft. Zum Beispiel das Deutsche Theater. Dort hieß es: „Wir sind bestürzt über die heute beschlossenen Kürzungen des Kulturetats. Der Senat nimmt dem kulturellen Leben in der Stadt die Luft.“ Und Ex-Kultursenator Klaus Lederer warnt bereits: „Berlin wird eine ziemlich traurige, müde Stadt.“ ■