Darum ziehen so viele weg

1500 Euro Miete! Milan Peschel rechnet mit der großen Kiez-Lüge ab

Der Schauspieler Milan Peschel dreht gerade die vierte Staffel von „Doppelhaushälfte“. In der ZDFneo-Serie geht es um Berliner, die aufs Land gezogen sind. 

Author - Karim Mahmoud
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Milan Peschel verliert als Andi Knuppe in der ländlichen „Doppelhaushälfte“ die Nerven.
Milan Peschel verliert als Andi Knuppe in der ländlichen „Doppelhaushälfte“ die Nerven.ZDF/Tilo Hauke

Milan Peschel ist vielleicht die lustigste Figur, die im Krawall-Kosmos von Frank Castorf erfunden wurde. An der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin spielte der biegsame und lattenleichte Komiker unter dem Regisseur und Ex-Intendanten immer so, als wäre er selbst am meisten überrascht davon, dass er als Mensch und Schauspieler so komisch wirkt, ohne überhaupt wirklich zu spielen. Das können nur die ganz Großen. Und nur die ganz Großen steigen auch mal herab und mischen sich unter die ganz Kleinen.

Dem ehemaligen Bühnentechniker Peschel ist mit der Comedy-Serie „Doppelhaushälfte“ so ein sehenswerter Herabstieg gelungen. Dass Peschel in dieser Comedy mitspielt, ist ein Glücksfall für ZDFneo und gar nicht so selbstverständlich. Mit ihm wird das kleine spießige Leben draußen vor den Toren Berlins auf einmal zu etwas ganz Großem – und zwar in Serie.

Ja, auch auf dem Land kann es großartig und schön sein. Besonders jetzt, wo Berlin so voll ist. Lärm, Dreck, ein ständig stotternder Nahverkehr und – nicht zu vergessen – eine kopflose Verwaltung lassen viele Hauptstädter vom Häuschen im Grünen träumen, und wenn es nur ein Reihenhäuschen ist. Das in etwa ist das Erfolgsrezept der Comedy-Serie „Doppelhaushälfte“, die genau diesen Traum als Treibstoff nutzt.

Peschel sieht das so: „Der Berliner Kiez hat sich sehr verändert. Es gibt nur noch wenig soziale Durchmischung und das finde ich sehr schade. Jeder lebt so für sich und jeder lebt in seiner eigenen Blase.“ Und weil das eben nicht ewig geht, landen einige Berliner in Brandenburg – viele davon notgedrungen und nicht, weil alles so schön grün ist.

Milan Peschel zeigt in „Doppelhaushälfte“ als Wutbürger Herz und Seele

An dem Begriff Kiez stößt sich der 56-jährige Berliner übrigens bis heute sehr: „Mit Begriffen wie Kiez kann ich nicht viel anfangen", sagt Peschel. „Das ist so eine Verniedlichung des Lebens, aber das Leben ist nicht niedlich, das Leben ist hart. Die Leute zahlen alle mindestens 1500 Euro Miete. Das ist nicht niedlich.“

Theo (Benito Bause), Mari (Maryam Zaree), Tracy (Minh-Khai Phan-Thi) und Andi (Milan Peschel) sind die Bewohner des Doppelhauses.
Theo (Benito Bause), Mari (Maryam Zaree), Tracy (Minh-Khai Phan-Thi) und Andi (Milan Peschel) sind die Bewohner des Doppelhauses.ZDF/Maor Waisburd

Einigermaßen niedlich sind dafür die Bewohner des Doppelhauses. Im Zentrum des ZDFneo-Originals stehen die beiden Nachbarsfamilien Sawadi-Kröger – gespielt von Maryam Zaree und Benito Bause – und Knuppe, verkörpert von Minh-Khai Phan-Thi und eben Milan Peschel, der wie immer mit Herz und Seele spielt. Auch dann, wenn er den Wutbürger raushängen lässt.

Um ihre Sorgen und Nöte, ihre schmutzigen kleinen Geheimnisse und ihre Alltagskonflikte auf dem Brandenburger Land geht es. Und das nun schon in der vierten Staffel, die gerade in Berlin gedreht wird. 

Mit einer guten Portion Humor folgt das Kameraauge den Herausforderungen, Missverständnissen und skurrilen Momenten, die das Zusammenleben von ostdeutschen Dorf-Familien und zugezogenen Berlinern so mit sich bringt. Dabei gelingt es immer wieder, trotz der kolossalen Unterschiede zwischen den Familien, zu zeigen, wie viel Menschen am Ende doch miteinander verbindet, auch wenn sie völlig gegensätzlich ticken.

Ganz klar: Die universellen Themen und die Beziehungen, die über kulturelle und soziale Grenzen hinwegsehen, machen die Serie zu einem Erlebnis für ein breites Fernsehpublikum.

Peschels Kollegin Minh-Khai Phan-Thi bringt es auf den Punkt, wenn sie sagt: „,Doppelhaushälfte‘ ist so erfolgreich, weil wir damit am Puls der Zeit sind und sich jeder darin wiederfinden kann.“ 

Na dann, auf gute Nachbarschaft!

„Doppelhaushälfte“: als Serie in der ZDF-Mediathek und auf ZDFneo. ■