Brandbrief

Sozialarbeiter schlagen Alarm: 53 Jugendclubs droht in Berlin-Mitte das Aus

Senatsvorgaben zwingen Bezirke zu Kürzungen ausgerechnet bei Kindern und Jugendlichen.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Vorbeugende Jugendarbeit gegen Gewalt ist wichtig. Gelder in Mitte sollen nun eingespart werden.  
Vorbeugende Jugendarbeit gegen Gewalt ist wichtig. Gelder in Mitte sollen nun eingespart werden. imago images/Gerhard Leber

Dieser Brandbrief muss aufrütteln. Der Senat setzt mit Sparvorgaben die Kinder- und Jugendarbeit in Mitte heftig unter Druck. Die freien Träger der Jugendhilfe haben einen Brandbrief verfasst. In Zeiten eines erodierenden Schulsystems, welches große Herausforderung zu bewältigen hat und mit zunehmender Delinquenz unter Kindern und Jugendlichen soll ausgerechnet an Prävention und Familienarbeit gespart werden.

„Mit großem Entsetzen haben wir, die Träger der freien Jugendhilfe im Bezirk Mitte, gemeinsam mit den betroffenen Schüler:innen, Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zur Kenntnis genommen, dass ein wesentlicher Teil der vom Berliner Senat an den Bezirk Mitte gerichteten Einsparungsforderungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und Familienförderung umgesetzt werden soll“, heißt es in dem Brief.

Laufende Verträge in Mitte gelten nur noch bis Ende April. Den Zeitraum von Februar bis April habe der Bezirk als Auslauffinanzierung der Angebote definiert.

53 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen droht das Aus

„Damit droht im Bezirk Mitte 53 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, 28 Einrichtungen der schul- und berufsbezogenen Jugendsozialarbeit und 14 Familienzentren das Aus und die Abwanderung von hochqualifizierten und erfahrenen Fachkräften aus fast 100 Einrichtungen.“

Im Bezirk Mitte mit seinen Brennpunkten in Wedding droht wichtige Präventivarbeit und Arbeit in Krisensituationen verloren zu gehen.

„Gerade benachteiligte Familien, Schülerinnen sowie Kinder und Jugendliche verlieren wichtige, verlässliche Ansprechpartner:innen, sichere Räume der Begegnung und Angebote, die zur Stabilisierung dieser Zielgruppen wesentlich beitragen“, heißt es in dem Brief.

Gerade die niedrigschwelligen Angebote in den Jugendfreizeiteinrichtungen, Schulstationen und Familienzentren leisten einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung des Kinder- und Jugendschutzes sowie der Familienförderung. In Zeiten von personellen Engpässen in den Regionalen Sozialpädagogischen Diensten (RSD) der Jugendämter, Bildungseinrichtungen, Raummangel und fehlenden therapeutischen Angeboten wird dieser Zielgruppe eine zentrale Unterstützung genommen – zumal eine funktionierende Sozialarbeit in diesen Angeboten die RSD der Jugendämter in den letzten Jahren deutlich entlastet hat.

Nach Jugendgipfel soll gekürzt werden

Nach den Vorfällen Silvester 2022/23 wurden auf den Gipfeln gegen Jugendgewalt temporäre Maßnahmen beschlossen, die bestehende Angebote der Gewaltprävention in Jugend- und Familienarbeit ergänzen sollen. Diese Maßnahmen werden ad absurdum geführt, wenn die etablierten Angebote vor der Schließung stehen – genau die Bereiche, die laut dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, auch nach Silvester 2023/24 zu stärken sind.

„Sollten die Einsparvorgaben des Senats in der angekündigten Weise umgesetzt werden, sehen wir in den daraus resultierenden Schließungen einen gravierenden Verstoß gegen die Versorgungsverpflichtungen des SGB VIII und das Kinder- und Jugendfördergesetz sowie das Familienfördergesetz.“

„Diese Entscheidung ist unverantwortlich für den sozialen Frieden dieser Stadt!“ Unterzeichnet haben zahlreiche Einrichtungen der freien Jugendhilfe. Der AWO Kreisverband Berlin-Mitte e.V., die Fabrik Osloer Straße e.V., Gangway Straßensozialarbeit in Berlin e.V., der Kinderschutzbund Berlin e.V., Moabiter Ratschlag e.V., Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH, das SOS-Kinderdorf Berlin und viele weitere. ■