Die Krise der Signa-Holding, angeführt vom österreichischen Immobilienmogul René Benko, macht nun auch vor Berlin nicht halt! Der Besitzer des renommierten Galeria-Kaufhauses am Alexanderplatz hat der Signa-Gruppe den Auftrag für die Errichtung des beeindruckenden 32-stöckigen Mynd-Hochhauses entzogen. „Commerz Real wird das Bauprojekt nun eigenständig durchführen“, bestätigte Gerd Johannsen, Sprecher der Commerzbank-Tochter, der Berliner Zeitung.
134 Meter hoher Büroturm entsteht neben dem Galeria-Kaufhaus
Commerz Real, der Vermögensverwalter der gleichnamigen Bank, ist seit Frühsommer dieses Jahres alleiniger Eigentümer des Immobilienkomplexes an der Karl-Liebknecht-Straße. Zuvor war Commerz Real dort nur mit einem Fünftel beteiligt. Doch im Juni übernahm das Unternehmen sämtliche Anteile von Signa. Ursprünglich sollte Signa die Renovierung des Kaufhauses und den Bau des Hochhauses als Projektentwicklungspartner fortsetzen. Doch dieser Plan wurde anscheinend über den Haufen geworfen, wie die Immobilien-Zeitung zuerst berichtete.
Commerz Real hat angegeben, das Bauunternehmen Züblin mit den Rohbauarbeiten am Alexanderplatz zu beauftragen. „Der Baufortschritt wird wie geplant fortgesetzt“, so Johannsen. Bis 2025 soll das Galeria-Kaufhaus umgestaltet sein, und nebenan wird ein 134 Meter hoher Büroturm emporragen. Das gesamte Projekt wird laut dem Jahresbericht des Immobilienfonds Hausinvest auf etwa 1,1 Milliarden Euro geschätzt.

Wie geht es am Alex weiter?
Signa verliert also einen bedeutenden und profitablen Auftrag in Berlin. Die Gründe für die Auftragsstornierung sind nicht offiziell bekannt, aber es gibt Hinweise darauf, dass Commerz Real eine Wiederholung des Baustopps, wie er beim Signa-Projekt Elbtower in Hamburg aufgrund ausstehender Zahlungen auftrat, in Berlin verhindern möchte. Tatsächlich ist Commerz Real auch zu 20 Prozent an dem Hamburger Bauprojekt beteiligt. Obwohl der Teilhaber inzwischen Zuversicht für die Fortsetzung in Hamburg bekundet, sucht man in der Hauptstadt offenbar nach Sicherheit, zumal es auch bei dem Alex-Projekt angeblich bereits zu Verzögerungen bei den Zahlungen kam.
Bei Commerz Real möchte man diese Spekulationen weder bestätigen noch dementieren. Doch schon seit einigen Monaten scheint am Alexanderplatz nicht alles nach Plan zu laufen. Vor einem Jahr hatte Signa, damals noch Bauherr, erklärt, dass die Arbeiten pünktlich verlaufen und spätestens im Sommer 2023 der erste Stock auf das 28 Meter tiefe Fundament gesetzt werde. Doch bisher ist das Fundament ohne Aufbau geblieben.
Die Signa-Krise
Die Signa-Gruppe steckt offensichtlich in einer schweren Krise. Gründer Benko setzte offenbar zu lange auf Wachstum anstelle der Sicherung des Unternehmens. Jetzt benötigt er wiederholt immense Summen, um die ehrgeizigen und aufgrund gestiegener Baukosten teuren Projekte am Leben zu erhalten. Während die Immobilien an Wert verlieren und die Zinsen steigen, wird es für Benko auch immer schwieriger, Geld zu beschaffen und Anschlussfinanzierungen für auslaufende Kredite abzuschließen. Laut dem Manager Magazin haben einige Banken bereits die Kreditwürdigkeit des Unternehmens nach unten korrigiert, und treue Investoren haben sich inzwischen von Benko abgewandt.
Es wurde kürzlich bekannt, dass der Signa-Gründer dem Druck der Gesellschafter nachgibt und plant, sich aus dem Beirat der Signa Holding GmbH zurückzuziehen und seine Stimmrechte einem Sanierer mit umfassenden Befugnissen zu übertragen. Der Sanierungsexperte Arndt Geiwitz soll als Generalbevollmächtigter eingesetzt werden, derselbe Geiwitz, der den ebenfalls zu Signa gehörenden Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof durch zwei Insolvenzverfahren geführt hat.

Auch Karstadt am Kudamm und Hermannplatz betroffen?
Wie es in Zukunft weitergeht, bleibt derzeit unklar. Die Zukunft zweier großer Immobilienprojekte in Berlin hängt von der finanziellen Gesundheit des Unternehmens ab. Das betrifft den Umbau des Karstadt-Kaufhauses am Hermannplatz in einen monumentalen Betonkomplex sowie den Bau von zwei Hochhäusern auf dem Karstadt-Areal am Kurfürstendamm. Diese Projekte wurden erst möglich, nachdem das Land Berlin vor drei Jahren weitreichende Zugeständnisse bei der Genehmigung von Bauprojekten in besten Lagen der Stadt gemacht hat. Und das alles, um den Erhalt von Kaufhäusern zu gewährleisten.
Während die beiden Projekte sich noch in der Planungsphase befinden, könnte die Signa-Krise diese Projekte nun auf Eis legen oder verzögern. Für den Kaufhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof stellt sie jedoch eine reale Gefahr dar. Das Unternehmen hat sein zweites Insolvenzverfahren erst im Juni abgeschlossen. Obwohl zumindest die Kaufhäuser insgesamt wieder in Betrieb sind und im letzten Geschäftsjahr 2022/23 angeblich einen operativen Gewinn von rund 70 Millionen Euro erzielt haben, operiert das Unternehmen immer noch in der Verlustzone, hauptsächlich aufgrund teurer Verwaltung und Online-Handelskosten.
Bitter: Es wird erwartet, dass erst 2025 wieder Gewinne erwirtschaftet werden. Bis dahin wird Kapital benötigt, und man erwartet auch die versprochenen 200 Millionen Euro von Signa für die Sanierung des Kaufhausgeschäfts. Allerdings hat die Signa-Holding nun ihrerseits finanzielle Schwierigkeiten, was bereits zu drastischen Forderungen geführt hat. Das Manager Magazin zitiert einen Signa-Gesellschafter mit den Worten: „Galeria muss verscherbelt werden.“ Die Zukunft bleibt vorerst unsicher. ■