Seit dem 1. November können die Einträge für Geschlecht und Namen ohne große Hürden beim Standesamt behördlich angepasst werden. Hunderte Berliner haben von diesem Recht schon Gebrauch gemacht. Überraschend: Nicht etwa in Friedrichshain-Kreuzberg gab es die meisten Änderungen, sondern in Neukölln und Mitte.
Seit dem Inkrafttreten des neuen Selbstbestimmungsgesetzes haben in Berlin rund 700 Menschen ihre Geschlechtsangabe geändert. Fast alle dieser Personen haben auch ihren Namen angepasst, wie eine Umfrage bei den Bezirksämtern bis Anfang Dezember ergab.
Das neue Selbstbestimmungsgesetz erleichtert es seit dem 1. November, den Geschlechtseintrag und den Vornamen zu ändern. Die Änderung muss drei Monate vor dem persönlichen Termin mit Abgabe der Erklärung im Standesamt angemeldet werden. Derzeit zählen die Berliner Behörden inzwischen mehr als 1600 Anmeldungen, vor dem Inkrafttreten waren es etwa 1200.
Die meisten Geschlechter-Änderungen: in Neukölln und Mitte
Die größte Zahl an geänderten Geschlechtseinträgen gab es bis Anfang Dezember in Neukölln (115) und in Mitte mit 104 beurkundeten Erklärungen. In Friedrichshain-Kreuzberg waren es 94 Personen, Charlottenburg-Wilmersdorf beurkundete bislang 74 Erklärungen.
In Tempelhof-Schöneberg waren es 63, in Pankow 52 und in Treptow-Köpenick (51). Dahinter folgen Steglitz-Zehlendorf (49), Lichtenberg und Marzahn-Hellesdorf (je 43) und Spandau (20). Die geringste Zahl an Personen änderten in Reinickendorf ihren Geschlechtseintrag (14). Damit die Änderung des Geschlechtseintrages wirksam ist, muss es das Standesamt des Geburtsortes vornehmen.
Die Erleichterungen beim neuen Gesetz betreffen vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen. Sie mussten bislang hohe Hürden überwinden und kostspielige Verfahren durchlaufen, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Seit November reicht eine Erklärung ohne Gutachten. Die Angabe kann in weiblich, männlich oder divers geändert oder alternativ gestrichen werden.
Zwischen den Berliner Bezirken schwanken die Zahlen der weiteren Anmeldungen. Während in Neukölln laut dem Bezirksamt derzeit vereinzelte Anträge eingehen, seien es in Lichtenberg wöchentlich im Durchschnitt fünf bis zehn, in Charlottenburg-Wilmersdorf zehn bis zwölf und in Spandau zwei. Das Standesamt Steglitz-Zehlendorf spricht von vier bis fünf Anmeldungen für einen Termin pro Woche. Hier sei nach einem Hoch im August eine stetige Abnahme zu beobachten, was auch einige andere Bezirksämter wahrnehmen.
Wen betrifft es? Im Fokus stehen laut Familienministerium drei Gruppen: Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen. Transgeschlechtliche Menschen – auch als Transmenschen oder Transpersonen bezeichnet – identifizieren sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Viele von ihnen leben mit dem Gefühl, im „falschen Körper“ zu sein.
Etwas anders ist es bei intergeschlechtlichen Personen: Sie haben angeborene körperliche Merkmale, die sich nicht eindeutig als männlich oder weiblich einordnen lassen. Das kann neben den Geschlechtsmerkmalen auch den Chromosomensatz oder die Hormonproduktion betreffen. Als nicht-binär bezeichnet man Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
Muss der Vorname geändert werden?
Spielt das Alter eine Rolle? Ja. Je nach Alter gelten unterschiedliche Regeln. Minderjährige unter 14 Jahren dürfen die Erklärung beim Standesamt nicht selbst abgeben. Übernehmen muss das der gesetzliche Vertreter. Ist die Person mindestens 14 Jahre alt, aber nicht volljährig, muss sie die Erklärung beim Standesamt zwar selbst abgeben, braucht dafür aber die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Stimmt der nicht zu, kann sich das Familiengericht einschalten.
Wenn beide Elternteile das Sorgerecht haben und sich nicht einigen können, sind sie angehalten, im Sinne des Kindeswohls eine Entscheidung zu treffen. Ansonsten kann auch hier das Familiengericht eine Lösung herbeiführen. Volljährige geben die Erklärung grundsätzlich selbst ab, ohne dass weitere Zustimmungen oder Beratungen erforderlich sind. Eine Änderung ist aber immer nur maximal einmal im Jahr möglich.

Muss der Vorname immer mitgeändert werden? Prinzipiell schon, es sei denn, der alte Vorname passt auch zum neuen Eintrag. Grundsätzlich gilt: Der Vorname muss dem Geschlechtseintrag entsprechen. Wer also beispielsweise den Eintrag „männlich“ wählt, kann als Namen nicht Bettina oder Julia eintragen lassen.
Insgesamt gibt es wie bisher die Wahl zwischen „männlich“, „weiblich“ und „divers“. Betroffene können sich auch entscheiden, keine Geschlechtsangabe zu machen. Eine separate Änderung des Vornamens ohne Änderung des Geschlechtseintrags ist auf Basis des Selbstbestimmungsgesetzes nicht möglich. ■