Schwarzfahr-Ärger ums Sozialticket. Senatorin fordert Kulanz von der BVG
Käufer des „Berlin-Tickets S“ mussten ein erhöhtes Beförderungsentgelt zahlen. Verwirrung um Beweis, dass man das Ticket nutzen darf.

Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) ist gegenwärtig nicht gut auf die BVG zu sprechen. Die habe viele arme Berliner herzlos mit Schwarzfahrer-Strafen überzogen, obwohl sie mit dem preislich von 27,50 auf auf neun Euro reduzierten Berliner Sozialticket („Berlin-Ticket S“) unterwegs waren. 60 Euro würden bei Empfängern von Sozialleistungen schwer ins Kontor schlagen.
Der Einführung der verbilligten Monatskarte zum Jahresbeginn war ein ziemliches Durcheinander gefolgt. Wer es nutzen will, muss eine „VBB-Kundenkarte Berlin S“ haben oder – übergangsweise – einen aktuellen Leistungsbescheid beziehungsweise einen noch gültigen „berlinpass“ vorweisen können.
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Schon hier gibt es eine Lücke: Im Januar und Februar wurden zusammen über 382.000 Berlin-Tickets S verkauft, aber mit Stand März nur knapp 131.000 „VBB-Kundenkarten S“ digital beantragt.
Online-Antrag auf das Berlin-Ticket S funktionierte nicht richtig
Allerdings konnte von diesen Antragsvorgängen nur die Hälfte abgeschlossen werden, teilte die Sozialverwaltung mit. Der Grund liege unter anderem darin, dass das digitale Antragswesen, von einer für die BVG tätige Firma geliefert, „in der Anfangsphase eine höhere Störanfälligkeit aufwies“.

Dazu kam, dass neue Berechtigungsnachweise, die den „berlinpass“ ersetzen und für die Ausstellung der „VBB-Kundenkarte Berlin S“ notwendig sind, von Jobcentern, Sozialämter und Wohngeldstellen nicht schnell genug verschickt wurden. Die Verwaltungen seien wegen mehr Hilfebedürftigkeit durch steigende Energiepreise und wegen der vielen ukrainischen Flüchtlinge überlastet gewesen.
Kipping: „Wir wissen aus einer Vielzahl von Zuschriften und Anrufen, dass die Umstellungen beim berlinpass bei vielen Betroffenen für Irritationen gesorgt haben. Leider häufen sich auch Berichte von Betroffenen, die ein erhöhtes Beförderungsentgelt zahlen müssen, da sie zum Beispiel vergessen haben, die Kundennummer auf dem Ticket einzutragen. Im Fall der Sozialticket-Berechtigten bedeutet das eine besondere soziale Härte. Betrifft es doch Menschen, die ohnehin am Rande oder unterhalb des Existenzminimums leben. Eine Strafe von 60 Euro führt dann schnell in die Schuldenfalle oder dazu, dass in diesen Haushalten kein Geld für das Lebensnotwendige im Monat mehr zur Verfügung steht. "
Sozialsenatorin verlangt von der BVG Kulanz
Daher habe sie die BVG „mit Nachdruck“ um Kulanz bei Fahrscheinkontrollen gebeten. Außerdem wurde die Übergangsfrist, bei der als Beleg für den Anspruch auf das „Berlin-Ticket S“ ein Leistungsbescheid oder ein noch gültiger „berlinpass“ reicht, bis Ende Juni verlängert.
Fahrgästen, die von der Verfahrensumstellung betroffen sind, sollten nach Meinung der Senatorin keine Nachteile entstehen. Dazu gehöre, dass ermöglicht werden müsse, eine fehlende Kundennummer im Beisein des Kontrolleurs nachzutragen, ohne dass man die 60 Euro zahlen muss.
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Könnte dem Kontrolleur kein Nachweis für den Anspruch auf das 9-Euro-Ticket vorgelegt werden, sollte nach dem Wunsch der Senatorin ein Weg eröffnet werden, den Nachweis beim Kundenzentren nachträglich vorzuzeigen und nur sieben Euro erhöhtes Beförderungsentgelt fällig wird.
BVG verweist darauf, dass schon immer eine Kundennummer auf dem Sozialticket nötig war
Die BVG erklärte: „Selbstverständlich agieren unsere Kontrolleure mit dem angemessenen Augenmaß. Die Praxis, dass eine Nummer auf dem Ticket eingetragen werden muss, ist aber gar nicht neu und von den Nutzern seit Jahren erlernt. Das ist eine einfache und unbürokratische Methode, um aus dem Papierticket aus dem Automaten ein personalisiertes Ticket zu machen. Die täglichen Erfahrungen in der Kontrolle zeigen, dass die große Mehrheit der Kunden mit der Eintragung der Nummer kein Problem hat.“
Die von der Senatorin gewünschte Kulanzregelung, dass man seine Kundennummer nachtragen dürfe, sei mit der BVG nicht abgesprochen. Man werde jetzt im Dialog mit der Senatsverwaltung klären, wie des zu der „missverständlichen Aussage“ hatte kommen können.
Hinter der Haltung der BVG steckt die Sorge, dass mit nicht mit einer Kundennummer versehenen Karte Schindluder getrieben, sie immer weitergereicht wird.