In Berlin krachen jeden Tag Schüsse. Genaugenommen alle 17 Stunden. Rivalisierende Banden tragen ihre Machtkämpfe mit Gewalt aus. Der Oktober, er war ein Oktober des fliegenden Bleis. Und die Berliner haben einfach nur noch Angst.
Allein siebenmal musste die Berliner Polizei in diesem Monat ausrücken, weil geschossen oder mit einer Waffe gedroht wurde. Zuletzt traf es Berlin-Kreuzberg. Vor einer Bar ging in der Nacht zu Donnerstag ein Mann zu Boden, verletzt durch Kugeln, schon wieder.
Die Ermittler tappen noch im Dunkeln. Der Täter oder die Täterin sind flüchtig. Opfer ist ein 37-Jähriger, der überlebt hat. Wie so viele andere ist er Teil einer Statistik geworden, die immer bedrohlicher wird. Denn Berlin ist längst Spitzenreiter, wenn es um Schusswaffengewalt geht.
Laut Bundeskriminalamt (BKA) fällt in keiner anderen deutschen Stadt öfter ein Schuss. Mit knapp zehn Fällen pro 100.000 Einwohner liegt die Hauptstadt deutlich vor Hamburg oder dem Saarland, schreibt der RBB.
Banden teilen Reviere neu auf – mit Schusswaffengewalt
Hinter den nackten Zahlen stehen Machtkämpfe, die in Berlin toben. Laut Polizei und Gewerkschaft der Polizei werden Reviere neu verteilt. Stefan Weh, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte dem RBB: „Es geht um viel Geld und da werden Reviere neu aufgeteilt zwischen einzelnen Gruppen der Organisierten Kriminalität.“

Und die Fronten verhärten sich, immer öfter sprechen die Waffen. „Es kann keinen mehr überraschen, dass in der Hauptstadt scharf geschossen wird“, sagte auch der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro. „Manchmal reicht ein falscher Blick oder verletzte männliche Ehre aus, dass Menschen bereit sind, andere niederzuschießen.“
Die Fehden werden also zunehmend öffentlich ausgetragen. Die Bilanz bis Ende Oktober ist ernüchternd: 884 Fälle mit Waffenbezug, 406 davon mit tatsächlichen Schüssen. 179 Verletzte, 31 davon schwer – ein Mensch starb.
Schießereien in Berlin: Täglich neue Tatorte
Hinter vielen Einsätzen stecken zwar auch Schreckschuss- oder Signalwaffen, aber die Wirkung ist dieselbe. Es geht um ein Klima der Angst. Zuletzt krachten Schüsse quer durch die Stadt: in Zehlendorf, Mariendorf, Schöneberg, Kreuzberg. Am hellen Tag, mitten im Verkehr, zwischen Supermarktparkplätzen und Bars.




