Einbruch in Erdbeerhäuschen

Prozess-Beginn: War dieser Dieb nur auf süße Früchtchen aus?

Erst soll der Angeklagte sich die Taschen mit Marmelade gefüllt haben. Danach schlug er brutal zu.

Author - Berliner KURIER
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Kay H. versteckt sich hinter einem Aktendeckel. Erst soll er in so einem Erdbeer-Verkaufsstand Marmelade eingesackt haben und danach den Verkäufer mit Steinen beworfen haben.
Kay H. versteckt sich hinter einem Aktendeckel. Erst soll er in so einem Erdbeer-Verkaufsstand Marmelade eingesackt haben und danach den Verkäufer mit Steinen beworfen haben.Olaf Wagner, Jürgen Ritter/imago

Er sackte ordentlich ein am Erdbeer-Stand: Süße Marmelade, obendrein knuddelige Plüsch-Erdbeeren. Doch Kay H. (48) machte sich weit vor der Öffnung am Verkaufsstand zu schaffen.

Ein Süßschnabel, der nicht widerstehen konnte? Nein, ein Erdbeerdieb mitten in Berlin, der mit einem Rucksack voller Marmelade und zwei Plüschbeeren im Wert von insgesamt 106,35 Euro rabiat wurde. Kleinlaut zeigte er sich nun vor Gericht: „Tut mir leid.“

Der 18. Mai, ein Sonntag. Gegen 6.20 Uhr schleicht ein Mann um eine Verkaufsstelle von „Karls Erdbeerhof“ am Mühlen Center in Prenzlauer Berg. In seinem grünen Rucksack jede Menge Werkzeug und eine Brille. Schnell langt er zu – 17 Gläser, zwei Plüsch-Erdbeeren. Sein Pech: Der Verkäufer ist ein Frühaufsteher und gewissenhaft. Weit vor der Öffnungszeit rollt Jörg S. (63) mit einem E-Scooter auf den erdbeerroten Kiosk zu, sieht den Fremden und ruft: „Was machen Sie da?“ Dreist die Antwort: „Ich bin der Lieferant!“ Dann rennt der Mann mit schwerem Rucksack los. Der Verkäufer nimmt die Verfolgung auf. Dem Marmeladen-Dieb fallen die Kuschel-Beeren aus der Hand. Er flüchtet weiter Richtung Tram-Haltestelle. Und wurde gewalttätig. Die Staatsanwältin: „Aus dem Gleisbett nahm er zwei Pflastersteine auf und warf sie in Richtung des Zeugen S.“

Jörg S. kann den Wurfgeschossen ausweichen. Und bleibt dran am Dieb. Der wird brutal. Die Anklage: „Ein Schlag mit einem Stein gezielt in das Gesicht von S.“ Der lässt sich trotzdem nicht abschütteln. Der Rucksack wird dem Dieb zu schwer, er wirft ihn ab, läuft in einen Hof, will dem Verfolger mit einer Flasche, dann mit einer großen Palette eins überziehen.

Wilde Verfolgungsjagd endet ohne Beute im Müllhäuschen

Eine Radfahrerin (31) sah den Schlag ins Gesicht. Sie folgte aus sicherer Entfernung, rief die Polizei. Kay H. aus Hohenschönhausen kletterte noch über eine Mauer, befand sich dann auf dem Gelände eines Pflegeheimes. Und wurde von einer nächsten Zeugin beobachtet. Eine Seniorin steckte den Polizisten: „Mal ins Müllhäuschen geguckt?“ Da kauerte H. ohne Beute. Seitdem gibt es Gefängnis-Marmelade für den wegen Diebstahls bereits vorbestraften Mann, der im Prozess Rettungsassistent als Beruf angab. Die Anklage lautet auf schweren räuberischen Diebstahl und gefährliche Körperverletzung. Es droht Knast nicht unter drei Jahren. Das hat ihm wohl nicht nur den Appetit auf „Karls Erdbeertraum“ verdorben, sondern auch die Sprache verschlagen. Die Verteidigerin: „Heute wird sich mein Mandant nicht äußern.“

Waren Alkohol oder Rauschgift im Spiel? Verkäufer Jörg S. hat nichts davon bemerkt – „er wirkte fit, lief keine Schlangenlinien“. Und geschimpft habe der Dieb auf der Flucht – „hau ab, was geht dich das an!“ Der Verkäufer: „Er hatte ziemlich viel Energie.“ Er habe den Mann festhalten und der Polizei übergeben wollen.

Kay H. nun zu Opfer S.: „Ich wollte nicht verletzen, wollte dich doch nur auf Abstand halten.“ S. kopfschüttelnd: „Mit Steinwürfen?“ Trotz Platzwunde an der Nase und Schmerzen verkaufte S. dann frische Erdbeeren – „bin erst abends zum Arzt“. Urteil: Voraussichtlich 6. August. (KE)