Zu wenig Übung

Viele Kinder in Berlin können nicht richtig Rad fahren

Die Kleinen haben auf dem Rad Probleme beim Bremsen, Spurhalten oder Handzeichen geben. Die Verkehrswacht ruft Eltern zum Üben mit ihren Kindern auf.

Author - Berliner KURIER
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Dieser Junge scheint fit zu sein auf dem Fahrrad. Doch das trifft auf viele Kinder in Berlin nicht zu.
Dieser Junge scheint fit zu sein auf dem Fahrrad. Doch das trifft auf viele Kinder in Berlin nicht zu.Pond5 Images / Imago

Fahrrad fahren gehört eigenlich zum Kindsein wie Ball spielen oder auf dem Klettergerüst herumturnen. Doch nicht alle Kinder in Berlin sind in der Lage, sich sicher auf einem Rad zu bewegen. „Geht mit euren Kindern üben“, rät deshalb Josef Weiß von der Verkehrswacht den Eltern. Auf die Radfahrausbildung in der Schule sollten sie sich nicht verlassen.

Die Radfahrausbildung findet in der Regel im dritten oder vierten Schuljahr statt. Doch viele Kinder seien zu diesem Zeitpunkt motorisch nicht ausreichend vorbereitet. Probleme beim Anfahren, Spurhalten, Bremsen oder beim einhändigen Fahren seien keine Seltenheit. Besonders schwierig seien sogenannte Mehrfachanforderungen – also das gleichzeitige Fahren, Umschauen, Handzeichen geben und Antizipieren von Verkehrssituationen, sagt Pädagoge Josef Weiß, Experte für Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung.

„Der Körper muss die Bewegungsabläufe automatisieren – das geht in dem Alter problemlos, aber nur durch Übung“, so Weiß. Eltern sollten Ausflüge machen, gemeinsam Rad fahren und ihren Kindern helfen, Routine zu entwickeln. „Das motorische Gedächtnis arbeitet langsam, daher muss es regelmäßig gefüttert werden. Die Sommerferien seien eine gute Gelegenheit, mit den Kindern zu üben.“

Ob in der Jugendverkehrsschule, im Grunewald oder auf einem ruhigen Platz – entscheidend sei, dass Kinder regelmäßig die Möglichkeit bekommen, sich auf dem Fahrrad zu bewegen. Viele Jugendverkehrsschulen in Berlin sind auch in den Sommerferien geöffnet.

Dass Kinder Radfahren lernen ist nicht mehr selbstverständlich

Noch vor einigen Jahrzehnten sei das Fahrrad ein alltägliches Fortbewegungsmittel für Kinder gewesen. „Heute ist das nicht mehr überall der Fall. In manchen Familien spielt das Fahrrad eine geringere Rolle. Auch die Pandemie hat den Bewegungsmangel verschärft“, meint Weiß.

Neben Kindern, die sich zu wenig bewegen, seien aber auch motorisch weit entwickelte Kinder zu beobachten: „Da sind Dreijährige, die wirklich wunderbar mit ihren Laufrädern durch die Gegend flitzen. Sie werden auch später gar keine Probleme haben, das Gleichgewicht, die Balance zu halten beim Fahrradfahren. Da geht die Schere auseinander“, so der Experte.

Damit Kinder sicher Fahrrad fahren, muss geübt werden.
Damit Kinder sicher Fahrrad fahren, muss geübt werden.Sylvio Diettrich / Imago

Radfahren lernen ist in einer Großstadt wie Berlin schwieriger

Die Großstadt stelle beim Radfahren für Kinder eine besonders hohe Belastung dar: „In Berlin ist eigentlich immer irgendetwas los“, sagt Weiß. Im Gegensatz zum Land, wo nach einer Kreuzung oft Ruhe einkehre, seien Kinder in der Stadt dauerhaft mental gefordert – durch Fußgänger, Autos, Radfahrer und andere Verkehrsteilnehmer.

Berlin verfüge mit 25 Jugendverkehrsschulen über eine vergleichsweise gute Infrastruktur, so Weiß. Doch die Öffnungszeiten – oft nur nachmittags und nur stundenweise am Wochenende – machen es Eltern schwer, ihre Kinder zusätzlich üben zu lassen. Weiß sieht hier noch Ausbaupotenzial.