Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag an einer propalästinensischen Demonstration in Berlin teilgenommen. Dutzende Teilnehmer relativierten auf Plakaten und in Sprechchören unter anderem den Holocaust und lobten den Hamas-Terrorangriff auf Israel vom 7. Oktober als Akt des Widerstands.
Bei der Demo kam es zu Dutzenden Auflagenverstößen. „Wir haben Plakate mit strafbarem Inhalt festgestellt“, sagte Polizeisprecherin Jennifer Behle. Zum genauen Inhalt konnte die Sprecherin zunächst keine Angaben machen. Die Polizei schrieb laut Sprecherin Anja Dierschke 64 Anzeigen, davon 16 wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Es seien mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Zu den einzelnen Strafbeständen nannte die Polizei zunächst keine Details. „Es sind Einzelfälle“, sagte Dierschke.
Zu Beginn der Demonstration waren einige Menschen bereits mit Plakaten und Palästina-Flaggen auf den Neptunbrunnen geklettert. Die Einsatzkräfte stellten die Personen fest. Die Polizei konnte zunächst keine Angaben dazu machen, ob der Brunnen dabei beschädigt wurde.

Teilnehmer protestieren für LGBTQ-Rechte und Hamas
Gegen 18.30 Uhr ging die Polizei von rund 8500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. Vor Beginn der Demo hatte die Polizei noch mit Teilnehmerzahlen zwischen einem mittleren vierstelligen und niedrigen fünfstelligen Bereich gerechnet. Die Veranstalter selbst sprachen von 50.000 Teilnehmern. Beobachter gehen jedoch von 12.000 bis 15.000 Personen aus.
Während des Protestmarschs hielten Menschen Palästina-Flaggen und Plakate mit Aufschriften wie „Free Palestine“, „Stoppt den Genozid in Gaza“ oder „From the river to the sea - we demand equality“ in die Luft- übersetzt: Vom Fluss bis zum Meer fordern wir Gleichheit für alle – ein Aufruf zur Auslöschung des Staates Israel. Eine Rednerin forderte ein Ende der „Apartheidskultur“ und den Stopp der Bombardierungen in Gaza.
Unter den Teilnehmern versammelten sich dabei auch völlig konträre Ideologien. So ist auf Videos zu sehen, wie Demonstranten auf Transparenten für Rechte für queere Menschen demonstrieren. „Free Palestine is part of queer struggle“ - „Das freie Palästina ist Teil des queeren Kampfes“. Dabei sind anders als in Israel in Palästina die Rechte von queeren Menschen massiv beschränkt. Auch auf der Demo waren Islamisten anwesend. Andere vertraten die radikale antiisraelische BDS, die immer wieder mit übler antisemitischer Hetze auffällt und den Staat Israel ausgelöscht sehen will.

Terrorgegner werden von Demo verwiesen
Bild-Reporter interviewten eine Frau, die Russland, den Iran und andere Diktaturen als neue Achse der Sicherheit lobte. Auch waren Flaggen von der Linkspartei und radikaleren linken Splittergruppen auf der Demo zu finden. Flaggen von Hamas, Samidoun und anderen Terrorgruppen waren jedoch verboten.
Bei der Demo kam es auch zu skurrilen Situationen als der Protestzug an einer kleinen Kundgebung der linksradikalen Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands vorbeikam. Die MLPD verurteilte die Hamas als Terrororganisation und wurde deshalb von vielen Demonstranten der Palästina-Demo ausgebuht. Eine Teilnahme wurde ihnen unter Berichten darauf zudem verweigert, wie StadtrandMedia auf X (zuvor Twitter) berichtet.
Eine MLPD Kundgebung am Rande verurteilt die Hamas als Terrororganisation und wird deshalb von der Palästina-Demo ausgebuht und bedroht. #b0411 pic.twitter.com/jVvndFwzSB
— StadtrandMedia (@StadtrandMedia) November 4, 2023
Auch einem Demonstranten, der ein Schild mit der palästinensischen und der israelischen Flagge, dem Aufruf Zivilisten auf beiden Seiten zu schützen und den Gazastreifen von der Terrororganisation Hamas zu befreien, hielt, wurde der Zutritt zur Demo von den Ordnern verweigert. Auf dem Video wird dem Mann von einem Ordner mitgeteilt, dass das Plakat die Vorschriften der Demo untersagen würden. Eine Ordnerin sagt zudem: „Sie können enttäuscht sein, aber Sie enttäuschen uns alle.“ Ein Teilnehmer sagt zudem: „Hey du Zionist, hau ab hier!“
Eine MLPD Kundgebung am Rande verurteilt die Hamas als Terrororganisation und wird deshalb von der Palästina-Demo ausgebuht und bedroht. #b0411 pic.twitter.com/jVvndFwzSB
— StadtrandMedia (@StadtrandMedia) November 4, 2023
Polizei berichtet von Übergriff auf Journalistin
Eine Journalistin soll während der Demonstration bei ihrer Arbeit behindert und körperlich angegangen worden sein. Nach Angaben der Beamtin sollen die Einsatzkräfte die Personalien der Tatverdächtigen aufgenommen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Weitere Details waren zunächst nicht bekannt.
Bei der Zwischenkundgebung am Lustgarten in #Mitte soll eine Frau einen Medienvertreter bei seiner Arbeit behindert und körperlich angegangen haben. Unsere Einsatzkräfte haben der Tatverdächtigen zur Aufnahme der Personalien vorläufig die Freiheit entzogen.#b0411
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) November 4, 2023
Die Demonstration fand unter strengen Auflagen statt. Einsatzleiter Stephan Katte betonte im Vorfeld, auch wer das Existenzrecht Israels verneine, begehe eine Straftat, die unmittelbar geahndet werde. In ganz Berlin waren nach Angaben der Polizei am Samstag rund 1400 Polizisten im Einsatz. Anders als von der Gewerkschaft der Polizei gefordert, gab es keine Unterstützung aus anderen Bundesländern. Auf der Demonstration wurden die Beamten von zwei Dolmetschern unterstützt.
Am 7. Oktober hatten Islamisten der im Gazastreifen herrschenden Hamas und andere Terroristen in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Seither geht Israels Armee mit Luftangriffen und Bodentruppen gegen Ziele in dem abgeriegelten Küstengebiet vor.