
Beide wurden am 3. Oktober geboren: Die Deutsche Einheit vor 36 Jahren und die Ostrock-Legende Toni Krahl, der 76 Jahre alt wird. Der einstige Sänger der Berliner Kultband City und die Menschen im wiedervereinten Deutschland – sie haben ein Problem mit diesem Datum. Der Musiker, weil er keine Geburtstage mag. Und die Deutschen aus Ost und West, weil sie sich immer noch nicht so richtig mögen. Dabei ist für Krahl die Sache klar: „Lasst uns endlich die Deutsche Einheit feiern!“, sagt er im KURIER-Gespräch.
In Umfragen zur Wiedervereinigung hört man alle Jahre wieder dasselbe: Das Trennende zwischen den Menschen im Osten und im Westen des Landes dominiert – und nicht die Suche nach Gemeinsamkeiten oder nach Wegen des Zueinanderfindens. Die einen fühlen sich noch immer als Menschen zweiter Klasse, die anderen können dieses Gejammere nicht mehr hören und kontern mit noch mehr Arroganz. Noch immer scheinen die Gräben zwischen einstigen DDR- und ehemaligen BRD-Bürgern recht tief zu sein.
Verständnisprobleme gibt es offenbar auch im 35. Einheitsjahr der Deutschen. Oder ist das alles nicht wahr? Gibt es doch einen Weg aus dem Trennenden in Richtung Gemeinsamkeit?
„Doch jetzt sind wir zusammen und uns trennt nichts mehr. Wir müssen uns alle nur umarmen, als wenn Sonntag wär‘“, sagt Krahl – und spielt auf die Refrain-Zeile aus dem Song „Sonntag“ an, der sich auf seinem Solo-Album „Genau so war’s“ befindet.
In diesem Lied greift der Sänger das Thema Einheit auf. „Es ist quasi die Fortsetzung des City-Songs ‚Wand an Wand‘ (erschien 1987, Anm. d. A.), in dem es eigentlich um beide deutsche Staaten geht, die nicht zueinander finden, weil eine Mauer sie trennt.“
Doch nun sind Grenztürme, eine Mauer und fest verriegelte Türen verschwunden, wie Krahl auch in seinem Einheitslied singt. Und dennoch scheint es, dass die Deutschen auf zwei Seiten stehen, in einer Welt, die sie sich selber teilen.
Toni Krahl: „Die Einheit wird vollzogen – es dauert nur etwas länger als gedacht“
Die Deutschen könnten schon diese „uns trennenden Meere und Klippen“ überwinden. „Bauen wir uns ein Floß und gehen dann zur Mitte, damit kein Abstand wird zu groß“, singt Krahl. Ja, gehen wir einfach aufeinander mit Respekt und Toleranz zu. „Lasst uns alle endlich die Einheit leben“, sagt Krahl. Denn schließlich wollte nach dem Mauerfall doch eine Mehrheit der Deutschen in Ost und West die Wiedervereinigung Deutschlands.
Obwohl Toni Krahl seinen Geburtstag nicht feiert, Geschenke nimmt er aber doch. „Die Komposition des Liedes ,Sonntag‘ hat mir Silly-Gitarrist Uwe Hassbecker vergangenes Jahr zu meinem 75. Geburtstag geschenkt. Nun ist es auf meinem ersten Solo-Album.“

Vielleicht bewirkt der Song ja etwas. „Die Einheit wird vollzogen“, da ist sich Krahl sicher. „Es dauert nur etwas länger als gedacht – bis in die nächste Generation.“
Zum Beispiel in der Generation seiner jüngsten Tochter Anassa (23). Ost und West spielen bei der jungen Frau offenbar keine große Rolle. „Sie ist eine normale Berlinerin und fühlt sich auch nicht als Ostberlinerin“, sagt Krahl. „Im Gegenteil – sie ist sogar Hertha-Fan!“ Damit muss nun Papa Krahl als „eiserner“ Union-Fan leben.