Joe Chialo, Mitglied im Bundesvorstand der CDU, soll Berliner Kultursenator werden.
Joe Chialo, Mitglied im Bundesvorstand der CDU, soll Berliner Kultursenator werden. dpa/Znidar

Den härtesten Job hat er schon hinter sich: Bei der Band Blue Manner Haze war Joe Chialo in den 90ern der Sänger. Crossover war ihr Sound, Musik zwischen Heavy Metal, Funk und HipHop. Jetzt soll der frühere Ordensschüler, Türsteher, Heavy-Metal-Musiker und Musikmanager Kultursenator in Berlin werden. Keine leichte Aufgabe, zumal Vorgänger Lederer als äußerst beliebt gilt.

Lesen Sie auch: Live-Ticker: Wo die Klima-Kleber derzeit die Stadt blockieren>>

Die Töne sind knallhart. Drums wie Schüsse, vom Gitarrenriff brutal aufgegriffen. Der Sänger steigt ein. Laut, nah, dunkle Sonnenbrille, Stimme zwischen schwarzem Funk und blanker Aggression. Passt alles zum Song „One By One“. Die Band Blue Manner Haze schildert darin ein zu schnelles Leben. Der Mann am Mikro heißt Joe Chialo. Der Sänger der 1995 aufgelösten Band irgendwo zwischen Heavy Metal, Funk und HipHop hat schon einige Stationen hinter sich gebracht. Nun wird er Kultursenator von Berlin. Parteibuch: CDU.

Joe Chialo ist Sohn einer tansanischen Diplomatenfamilie

Kulturpolitik in der Hauptstadt ist oft mehr als nur Ländersache. Der millionenschwere Hauptstadtkulturfonds etwa wird von Bund und Land verwaltet. Zudem endet die Bundeskompetenz selbst bei sündhaft teuren Prestigeobjekten wie dem Humboldt-Forum oder dem geplanten Museum des 20. Jahrhunderts jeweils an der Tür der Einrichtung. Inhaltlich und für den Bau ist dort der Bund am Zug, draußen – also bei allem, was die Einbeziehung der Umgebung angeht – ist wieder Berlin am Zug. Auch international viel beachtete Personalien wie etwa die Nachfolge von Daniel Barenboim als Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden fallen in Chialos künftigen Aufgabenbereich. Davor hat Chialo „persönlich sehr viel Respekt“.

Joe Chialo war in den 90ern Sänger der Band Blue Manner Haze.
Joe Chialo war in den 90ern Sänger der Band Blue Manner Haze. Sony Music

Sollte die als konservativ geltende Berliner Union ihre Vielseitigkeit zeigen wollen, mit dem 52-Jährigen scheint sie dafür die geeignete Personalie zu haben. 1970 wird er in Bonn in eine tansanische Diplomatenfamilie geboren. Abitur macht Chialo im Kölner Ordensinternat der Salesianer Don Boscos. Die Salesianer sehen sich als Helfer, Berater, Freunde. Der Verbund, der auf den italienischen Priester und Erzieher Johannes Bosco (1815–1888) zurückgeht, zählt sich zu den größten Männerorden der katholischen Kirche.

Joe Chialo war Türsteher und Sänger bei Blue Manner Haze

Auf Bass, Posaune und Chor im Internat folgen härtere Gerätschaften. Chialo macht eine Lehre als CNC-Fräser, wo er den Umgang mit rechnergesteuerten Werkzeugmaschinen erlernt. Ein neuerlicher Schwenk steht mit dem Studium in Erlangen an: ein paar Semester geht es um Geschichte, Politik und wirtschaftliche Staatswissenschaften. Das Studium bricht Chialo ab, zwischendurch arbeitet er als Türsteher in einer Discothek. In dieser Zeit entdeckt das musikalische Herz Chialos auch Metal. Blue Manner Haze bekommt rasch einen Plattenvertrag.

Lesen Sie auch: DDR, Stasi, Alkohol: Katrin Sass macht ihr Leben zu Musik>>

Mit dem Ende der Band steigt Chialo in die Kreativ- und Kulturwirtschaft ein. Mit Stationen in Köln, Amsterdam und München. 2002 wird er für Universal Music erst in Hamburg, später in Berlin aktiv. In dem Musikkonzern gründet er das Label Airforce1 Records, bei dem etwa die Kelly Family, Ben Zucker oder Matthias Schweighöfer unter Vertrag sind.

Seit drei Jahren nennt sich der Musikmanager „Senior Vice President A&R Universal Music Central Europa & Africa“. Er weiß um die wirtschaftliche Bedeutung der Branche. „Hier in Berlin geht es um richtig, richtig viel, wenn wir von der Kultur reden.“

Die designierten Senatorinnen und Senatoren der CDU für Berlin: Der künftige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (3.v.r.) mit Joe Chialo (v.l.), Felor Badenberg (Justizsenatorin), Katharina Günther-Wünsch (Bildungssenatorin),  Manja Schreiner (Verkehrssenatorin) und Stefan Evers (Finanzsenator).
Die designierten Senatorinnen und Senatoren der CDU für Berlin: Der künftige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (3.v.r.) mit Joe Chialo (v.l.), Felor Badenberg (Justizsenatorin), Katharina Günther-Wünsch (Bildungssenatorin), Manja Schreiner (Verkehrssenatorin) und Stefan Evers (Finanzsenator). dpa/von Jutrzenka

Nicht nur im eigenen Laden gilt Chialo als kommunikativ und gut vernetzt. Die Verankerung in der Kulturszene dürfte ihm helfen. Sein Vorgänger Klaus Lederer ist bei vielen Kulturschaffenden sehr geschätzt. In der freien Szene wird der Linke-Politiker ebenso gefeiert wie in der Oper, gerade auch nach der Unterstützung in der Corona-Zeit. „Mir ist völlig klar, dass der scheidende Kultursenator hier in der Stadt eine große Beliebtheit hat und dass die kommenden Jahre voller Herausforderungen sein werden“, sagt Chialo.

Wegen Angela Merkel trat Chialo in die CDU ein

Parteipolitisch sind seine Erfahrungen bisher wenig ausgeprägt. Der verheiratete Vater einer Tochter geht 2016 in die CDU. Es ist seine Form der Unterstützung für die Flüchtlingspolitik der damaligen Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Chialo ist im Bundesvorstand, gehört zum Team von Kanzlerkandidat Armin Laschet, scheitert selbst als Direktkandidat für den Bundestag in Berlin-Spandau.

Lesen Sie auch: Sensation bei Rammstein: Band lädt zur Generalprobe! So kommen Sie an Tickets>>

Chialo ist sportlich. Er läuft, im Tiergarten. Und boxt, auch schon mal in Afrika bei Habib Kinyogoli, Kapitän der Olympiamannschaft aus Tansania bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Chialo postet so was auf Instagram: „Ich habe mich sehr gefreut, dass ich mit ihm in Daressalam Trainingseinheiten absolvieren durfte.“