Viel Beifall für eine Romantik-Komödie mit Wortwitz und Tiefgang. Nina Kronjäger und Heiko Senst zerlegen in zehn Sitzungen ihre Bühnen-Ehekrise. Das ist zum Schießen komisch und sehr lehrreich. Und die Regisseurin Amina Gusner – die macht aus dem Abend ein sehenswertes Pingpong voller Gags und Katastrophen.
„Keiner hat gesagt, dass Du ausziehen sollst“ von Nick Hornby ist einfach ein prima Stück, wenn man sehen möchte, wie sich klassische Rollenbilder in der Ehe verändert haben – oder eben nicht. Das Werk hatte jetzt Berlin-Premiere in der Komödie am Kurfürstendamm im Ernst-Reuter-Saal. Im Mittelpunkt stehen der in die Jahre gekommene Ex-Musiker Tom und die Ärztin Louise. Nach zahllosen Ehejahren, persönlichen Krisen und Phasen des Fremdgehens beginnen sie endlich eine Paartherapie.
Und so sieht das aus: Man trifft sich erst in der Kneipe um die Ecke – bei Weißwein (Louise) und Bier (Tom) und redet und redet und redet … Was zu Hause nicht klappt, hier gelingt’s, und am Ende kommen sich die zwei Verkrachten mit Karacho wieder näher.
Was den Abend im Ernst-Reuter-Saal so heutig macht, ist der Blick auf Louise: Sie ist es, die aktiv die Paartherapie anstößt und auch ständig darüber nachdenkt, während Tom doch eher zögerlich und flapsig darauf reagiert. Man könnte sagen, dies ist ein wiederkehrendes Muster: Frauen sind vielleicht eher bereit, an der emotionalen Arbeit einer Beziehung zu stricken, während Männer sich schwerer tun, Veränderungen anzunehmen.
Nina Kronjäger rettet die Beziehung
Wer das für ein binäres Klischee hält, darf an dieser Stelle auch ruhig noch einen Tick tiefer blicken: Ein zentrales Thema des Stücks ist der sogenannte Mental Load – also die unsichtbare Verantwortung für die Organisation des gemeinsamen Lebens, die oft auf Frauen lastet.
Durch Louises Perspektive wird deutlich, wie emotional und herausfordernd es sein kann, eine Beziehung – schon rein organisatorisch – am Laufen zu halten. Und die ständige Reflexion darüber regt das Publikum dazu an, sich mit der Verteilung dieser unsichtbaren Aufgaben in der eigenen Beziehung auseinanderzusetzen.
Im Ernst Reuter-Saal gelingt das. Nina Kronjäger kann mit den schauspielerischen Mitteln, die sie hat, diesen Mental Load ungeheuer plastisch darstellen. Und Heiko Senst ist in diesem Spiel ein ausgezeichneter Sparringspartner. Prädikat: Nachahmenswert.
Tickets für „Keiner hat gesagt, dass Du ausziehen sollst“ mit Nina Kronjäger und Heiko Senst (Komödie am Kurfürstendamm im Ernst-Reuter-Saal, Regie: Amina Gusner) gibt es ab 19,60 Euro im KURIER-Ticketshop oder unter Tel. 030/88 59 11-88. ■