Tut die Politik gerade wirklich alles, was sie kann? Diese zentrale Frage stellen zwei Lehrkräfte von jüdischen Schulen in ihrem offenen Brief an den Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Sowohl am Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn, als auch an der Rabbinerin-Regina-Jonas-Schule sind am Freitag fast alle Schüler zu Hause geblieben. Der Grund: Die Eltern und ihre Kinder hatten zu viel Angst! Denn für diesen Freitag hat die Hamas weltweit zu Aktionen gegen jüdische Einrichtungen aufgerufen.
Das steht im Brandbrief
Der offene Brief mit einigen dringenden Bitten an Berlin Bürgermeister liegt der B.Z. vor. „Wegen des Aufrufs zur Gewalt gegen Juden an diesem Freitag und wegen bereits gemachter Gewalterfahrungen aufgrund des Nahost-Konflikts blieb heute fast unsere gesamte Schülerschaft zu Hause“, schreiben die beiden Lehrer hier. „Dies bedeutet de facto, dass Judenhasser die Entscheidungshoheit über das jüdische Leben in Berlin an sich gerissen haben“, lautet ihre traurige Schlussfolgerung.
Für die Verfasser des Brandbriefs steht fest: „Die Berliner und die deutsche Politik sind in der Verantwortung, diese unsägliche Situation zu ändern.“ Ihnen sei zwar bewusst, dass Deutschland viel tue, um Antisemitismus zu bekämpfen. Jedoch kritisieren die Lehrer: „Gleichzeitig nahm und nimmt Deutschland in den letzten Jahrzehnten jedoch Hunderttausende Menschen auf, zu deren Sozialisation Antisemitismus und Israelhass gehört.“
Die „bittere Realität“ aktuell zeige, dass Deutschland entgegen der eigenen Annahmen „den Herausforderungen, einerseits viele Menschen aus vorwiegend arabischen Ländern aufzunehmen und gleichzeitig Antisemitismus und Israelhass wirksam zu bekämpfen, nicht gewachsen ist“. Die Lehrkräfte fordern die deutsche Politik abschließend dazu auf, vor diesem Hintergrund „die Verbindungen zwischen Migrations- beziehungsweise Flüchtlingspolitik und der Verbreitung von antisemitischem und israelfeindlichem Gedankengut unverblümt und tabulos zu erforschen, zu benennen“ – und dann entsprechend zu handeln.
So reagiert der Bürgermeister
Wie denkt der Regierende Bürgermeister über die Sorgen der jüdischen Gemeinde in Berlin – und ganz konkret der Schulen? Gegenüber B.Z. betont er am Freitag: „Der Berliner Senat und die Polizei unternehmen alles, um die Sicherheit der jüdischen und israelischen Einrichtungen und Gemeinden sicherzustellen. Das gilt umso mehr für den Schutz jüdischer Schulen.“
Wegen der Gewaltaufrufe der Hamas habe sich die Berliner Polizei besonders auf diesen Freitag und das anstehende Wochenende vorbereitet, wie ein Sprecher der Polizei versichert. Israelische und jüdische Einrichtungen würden noch mehr als sonst geschützt. Demonstrationen oder Ansammlungen palästinensischer Gruppen sollen wegen möglicher antisemitischer Inhalte entweder sehr genau beobachtet oder gänzlich verboten werden.
Palästinensertücher an allen Berliner Schulen verboten
Auch an anderen Berliner Schulen ist es in dieser Woche zu antisemitischen Zwischenfällen gekommen. Hintergrund sind die Angriffe der Hamas auf Israel. Aus diesem Grund hat Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) jetzt ein Verbot von Palästinensertüchern und anderen Symbolen an Berliner Schulen ausgesprochen!
„Jede demonstrative Handlungsweise oder Meinungsäußerung, die als Befürwortung oder Billigung der Angriffe gegen Israel oder Unterstützung der diese durchführenden Terrororganisationen wie Hamas oder Hisbollah verstanden werden kann, stellt in der gegenwärtigen Situation eine Gefährdung des Schulfriedens dar und ist untersagt“, steht in ihrem Brief an die Schulleitungen.

Neben direkten Symbolen der Hamas oder Hisbollah sowie gewaltverherrlichenden Darstellungen und Äußerungen würden dazu auch „Symbole, Gesten und Meinungsäußerungen zählen, die die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht erreichen“, schreibt Günther-Wünsch weiter. Dies umfasse etwa die Kufiya, den gemeinhin als Palästinensertuch oder auch „Palituch“ bekannten Schal. Ebenfalls verboten seien jetzt Aufkleber mit Aufschriften wie „free Palestine“ oder eine Landkarte Israels in den Farben Palästinas. Auch der Ausruf „free Palestine“ sei nun streng untersagt.
Dieser „Schutzzweck“ sei von herausragender Bedeutung. „Die Vermeidung politischer und religiös weltanschaulicher Konflikte in Schulen stellt ein gewichtiges Gemeinschaftsgut dar, welches eine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigt“, betont die Bildungssenatorin abschließend.