Eine Preisgrenze nach oben scheint es nicht zu geben. Mit einem ganz einfachen Trick hebeln immer mehr Berliner Vermieter die Mietpreisbremse aus, selbst in Milieuschutzgebieten. Mit möblierten Wohnungen auf Zeit. 30 Euro pro Quadratmeter, 40 Euro, 50 Euro. Erlaubt ist, was der Wohnungssuchende zahlt. Doch der erste Berliner Bezirk will jetzt dagegen vorgehen.
Grundsätzlich gibt auch für möbliertes Wohnen die gesetzliche Mietpreisbremse. Mit einer Ausnahme: die vorübergehende Vermietung für eine einige Monate. Wenn die Wohnung „zu einem vorübergehenden Gebrauch“ vermietet wird, ist der Mieterschutz begrenzt und die Mietpreisbremse unwirksam, wie der Berliner Mieterverein erklärt. Unter der Rubrik „Wohnen auf Zeit“ werden allein bei Immoscout24 inzwischen mehr als 5000 möblierte Wohnungen in Berlin angezeigt.
48 Euro pro Quadratmeter für ein Winz-Butze in Friedrichshain
Da gibt es das 34 Quadratmeter große Studio in der Sonnenallee (Neukölln) für eine Kaltmiete von 1240 Euro. Das macht einen Quadratmeterpreis von gut 37 Euro. Sogar knapp 48 Euro pro Quadratmeter kostet eine winzige, nur 24 Quadratmeter große Butze in der Kreutziger Straße in Friedrichshain, die in Anzeige großzügig als stylisches Studio-Apartment vermarktet wird. Die Miete, kalt natürlich, kostet hier 1145 Euro.
Immer mehr Anbieter wie die international agierende Blueground Group spezialisieren sich auf dieses Geschäftsfeld. Auch der Berliner Mieterverein beobachtet, dass Vermieter das möblierte Wohnen auf Zeit zunehmend zum Geschäftsmodell machen, wie RBB24 berichtet: „Sie umgehen auf diese Weise die Mietpreisbremse“, erklärt Geschäftsführerin Wibke Werner dort. Außerdem müssten die Preise für die Möblierung nicht transparent ausgewiesen werden – Vermieter können unkontrollierbar hohe Preise veranschlagen. Die Not der Mieter werde ausgenutzt.

Seit mehr als zehn Jahren boomt dieser unregulierte Markt in Großstädten. Laut einer Langzeitstudie des Immobilien-Forschungsinstituts F + B. hat sich der Anteil möblierten Vermietens am deutschen Wohnungsmarkt von 2014 (8,3 Prozent) bis 2021 (18,3 Prozent) mehr als verdoppelt. An den Top-Standorten wie in Berlin seien die Anteile noch deutlich höher. Die Marktmieten für möblierte Wohnungen haben sich laut der Studie zwischen 2006 und 2020 um 78,2 Prozent verteuert. Die Preise für unmöblierte Wohnungen sind dagegen in diesem Zeitraum nur um 30,6 Prozent gestiegen.
Laut Zahlen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind vor allem die Innenstadt-Bezirke in der Hand von Kurz-Zeit-Vermietern. In Friedrichshain-Kreuzberg wird inzwischen in 70 Prozent der Inserate möbliertes Wohnen auf Zeit offeriert, in Mitte 65 Prozent und in Charlottenburg-Wilmersdorf 64 Prozent. Berlin weiß das, kann aber nicht dagegen vorgehen, wie aus einer Antwort der Senatsverwaltung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger hervorgeht. Grund: Berlin habe keine eigene Gesetzgebungskompetenz für das Mietrecht.
Das Land Berlin unterstützt laut Senatsverwaltung aber einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Mieterschutzes bei der Vermietung von möbliertem Wohnraum, der auch die zulässige Höhe des Zuschlags regeln würde. Der Entwurf dafür wurde bereits am 16. Juni 2023 im Bundesrat eingebracht. Das ist aber schon über ein Jahr her, passiert ist seitdem nichts. Seit 14 Monaten verstaubt das Papier in den Schubladen des FDP-geführten Bundesjustizministeriums, wie der Berliner Mieterverein erklärt.
Charlottenburg-Wilmersdorf will Abzocke ausbremsen
Wie RBB24 berichtet, will Charlottenburg-Wilmersdorf aber nicht länger warten. Der Berliner Bezirk sieht Möglichkeiten, das möblierte Wohnen auf Zeit zumindest in Milieuschutzgebieten bereits jetzt einzuschränken. Ein Rechtsgutachten durch GGSC Rechtsanwälte im Auftrag des Bezirks kommt zu dem Ergebnis, dass es in Milieuschutzgebieten doch genehmigungspflichtig sei, wenn regulärer Mietraum möbliert und auf Zeit vermietet werden soll.


