Propaganda-Schlacht

Irre Debatte um niedliche DDR-„Frottee-Zwerge“

Auf einem Buchcover sind Kitakinder in gestreiften Umhängen zu sehen. Einige fühlen sich an KZ-Kleidung erinnert.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Das Cover des Buches „Wie wir lebten, wer wir waren. Geschichten aus der DDR“ aus dem Eulenspiegel-Verlag zeigt Kitakinder in der DDR.
Das Cover des Buches „Wie wir lebten, wer wir waren. Geschichten aus der DDR“ aus dem Eulenspiegel-Verlag zeigt Kitakinder in der DDR.Eulenspiegel-Verlag

Aufregung im Berliner Eulenspiegel-Verlag. Mit einer seiner neuen Veröffentlichungen sorgt der Berliner Verlag bei einigen für Unmut. Entscheiden Sie selbst, wie gerechtfertigt die Kritik am Bucheinband ist:

Auf dem Titel des Bändchens „Wie wir lebten, wer wir waren. Geschichten aus der DDR“ ist eine Kinderschar in einheitlich gestreiften Überwürfen aus Frottee zu sehen. In Kitas in der DDR waren einheitliche Handtücher und zum Beispiel Sportkleidung nichts Ungewöhnliches.

DDR war kein KZ

Einige Buchhändler seien wegen der Auswahl des Bildes aber irritiert gewesen, berichtete Verleger Matthias Oehme. In Anrufen sei darauf hingewiesen worden, die DDR sei kein KZ gewesen.

Ungarische Juden im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau tragen typische gestreifte Kleidung.
Ungarische Juden im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau tragen typische gestreifte Kleidung.imago stock&people

Auf den ersten Blick weckt der gestreifte Stoff bei manchen Assoziationen zur Kleidung von Häftlingen in Konzentrationslagern. Die Kinder wirken allerdings gut genährt, einige lachen fröhlich, im Hintergrund kümmert sich eine weibliche Gestalt um die Kleinen. Wer die DDR kennt, weiß, dass die Aufnahme in einer Kindereinrichtung entstanden sein muss.

Kapuzenhandtuch mit Streifen

Das im Original größere Foto entstand tatsächlich 1976 in der DDR. Die Kinder tragen nach dem Schwimmen in einer Krippe in Torgau wärmende Umhänge, die auch Kapuzen aus demselben Stoff haben.

Das Foto der „Frottee-Zwerge“ genannten Schar sorgte schon einmal für Wirbel. Das Bundesarchiv weiß zu berichten, das Foto sei 1978 von der westdeutschen Monatszeitschrift Stimme der Märtyrer als ein „aus einem sowjetischen Kinder-KZ geschmuggeltes Bild“ präsentiert worden. Aus dem Originalbild, das den Kindergarten in der DDR zeigte, wurde ein Ausschnitt genommen und qualitativ verschlechtert. Die Erzieherinnen sind auf dem Foto weggeschnitten. Der Ausschnitt erschien zu einem Artikel über Kinderlager in der UdSSR.

Manipulation von Bildern für die eigenen Zwecke

Die Zeitschrift wurde von der Hilfsaktion Märtyrerkirche herausgegeben, ein christliches Hilfswerk, das auf Pastor Richard Wurmbrand zurückgeht. Wurmbrand sei, nach seiner Hinwendung zum Christentum mit 26 Jahren, aufgrund seines mutigen Bekenntnisses im kommunistischen Rumänien verfolgt worden, heißt es auf der Webseite.

Dass es auch schon damals in West wie Ost Propaganda und verdrehte Fakten gab, liegt auf der Hand.

Das Foto sei für den Band mit DDR-Geschichten „ohne Arg“ ausgesucht und für die 5000 Exemplare der ersten Auflage verwendet worden, versichert Verlagsleiter Oehme. Gleichzeitig sieht er auch die mögliche Provokation. Auch auf dem Buchcover sind die Erzieherinnen nicht zu sehen.  Reagieren will der Verlag aber zunächst nicht. „Wenn es eine zweite Auflage geben sollte“, werde erneut über das Titelfoto nachgedacht.  ■