Paranoide Schizophrenie

In Berlin: Er tötete den Erstbesten, der zufällig des Weges kam

Gestern begann der Prozess gegen Adel J. (35), der einen Jogger am Ufer der Spree in Berlin-Plänterwald erstach. Das Dramatische: Er hätte längst in einer Klinik sein müssen.

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Adel J. (35) auf der Anklagebank im Landgericht Berlin
Adel J. (35) auf der Anklagebank im Landgericht BerlinPressefoto Wagner

Der Grafikdesigner ging nach der Arbeit auf eine Jogging-Runde. Finn M. (29) lief im Plänterwald auf dem Uferweg an der Spree, als ein Messer-Mann auftauchte. Adel J. (35) stach zu. Sein erschütterndes Geständnis nun im Prozess wegen Totschlags: „Ich wollte jemanden töten.“ Schlechte Gedanken hätten ihn getrieben. Adel J., der als psychisch krank gilt: „Ich nahm mir vor, auf jemanden einzustechen. Egal, wer mir über den Weg läuft.“

Es war 21.20 Uhr, als sich der Grafikdesigner und der Messer-Mann am 20. November des vorigen Jahres begegneten. Mit einem Küchenmesser griff Adel J. Finn M., ein Zufallsopfer, laut den Ermittlungen an, stach immer wieder Richtung Hals. Sechs „tiefergehende Stiche“ stellte später ein Gerichtsmediziner fest.

Es hätte jeden treffen können. Finn M. hatte keine Chance, als Adel J. plötzlich angriff

Einblicke in die krude Gedankenwelt des Täters: „Ich hatte ein Gefühl der Besonderheit.“ An dem Abend sei er zuvor in einem Club gewesen. Adel J.: „Habe nicht die Anerkennung erlangt, die ich mir gewünscht habe.“ Dann sein furchtbarer Entschluss: „Aufgrund der schlechten Gedankenschritte beschloss ich, mich zu rächen.“

Es hätte jeden treffen können. Finn M. hatte keine Chance, als Adel J. plötzlich angriff. Der Grafikdesigner verblutete auf dem Uferweg. Adel J.: „Ich war zur Tatzeit zwiegespalten, küsste ihn zuletzt auf die Stirn und sagte: Tut mir leid.“

Mit blutverschmierten Händen tauchte J., der einen Herzchen-Hoodie trug, an einer Tankstelle an der Bulgarischen Straße auf, beichtete: „Ich habe gerade einen Menschen umgebracht.“ Sprach dann wirres Zeug: „Ist überall so gefährlich.“

Mit alarmierten Polizisten marschierte er dann los. Eine Beamtin (35): „Es war ihm wichtig, dass die Polizei sieht, was er gemacht hat.“ Etwa 15 bis 20 Minuten Fußweg seien es gewesen. Dann sahen sie das Opfer: „Im Hals steckte ein Messer.“

Auch ein Radfahrer hatte die Polizei gerufen. Ihm war J. kurz vor dem Angriff über den Weg gelaufen. „Ihr kommt alle in die Hölle“, soll J. gebrüllt und angekündigt haben: „Ich bringe jemanden um.“

„Er hätte längst in einer Klinik sein müssen. Das ist das besondere Drama in dem Fall.“

Ein Studium soll J. abgebrochen haben. Später diagnostizierten Ärzte: paranoide Schizophrenie. Er wurde behandelt, auch stationär. Verordnete Medikamente soll J. zuletzt nicht mehr eingenommen haben. J.: „Tabletten haben mir in der Vergangenheit nicht geholfen.“

Er fiel aggressiv auf. So soll J. seine Mutter bedroht haben. Er sei bereits Monate vor der Tat begutachtet worden, hieß es am Rande des Prozesses. Und: „Er hätte längst in einer Klinik sein müssen. Das ist das besondere Drama in dem Fall.“

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus: J. handelte „im Zustand der Schuldunfähigkeit“. Bereits kurz nach der Tat wurde er vorläufig im Maßregelvollzug, einer Klinik für psychisch kranke Straftäter, untergebracht. Nun geht es um die Frage, ob er dauerhaft in die geschlossene Psychiatrie kommt. Fortsetzung: Donnerstag.