In der Friedenstraße in Friedrichshain herrscht schon lange kein Frieden, wenn es um Parkplätze geht. Sie sind rar und daher hart umkämpft. Nun herrscht noch mehr Aufregung. Durch eine scheinbar neue Fahrbahnmarkierung darf auf einem Parkplatz kein Auto mehr stehen, sondern nur noch Müllcontainer, wenn die BSR kommt. Anwohner dachten, dies sei Behördenwillkür. Doch beim genauen Hinsehen stellt man fest: Die Parkverbotsmarkierung, die wie echt aussieht, ist ein Fake. Doch der Bezirk will gegen das illegale Geschmiere nicht einschreiten.
Der Anblick ist schon grotesk, wenn man von einem Balkon aus den oberen Stockwerken eines Hauses auf die Friedenstraße schaut. Da stehen in Reih und Glied Autos, deren Besitzer mit Mühe und Not einen der schwer erkämpften Parkplätze im Kiez ergattert haben. Und dazwischen ist ein Platz frei, auf dem eigentlich auch ein Pkw stehen könnte. Aber ein weißer Kasten mit einem Kreuz darin verhindert es, auf dem nun zweimal in der Woche ein Müllcontainer steht.
Die Hausbewohner sind empört. „Keiner traut sich nun, auf dieser vermeintlichen Parkverbotsfläche sein Auto zu parken“, sagt eine Nachbarin. „Denn wer will schon ein Knöllchen riskieren? Denn es ist fraglich, ob auch die Mitarbeiter vom Ordnungsamt wissen, dass diese Markierung nicht echt ist.“

Müllcontainer auf Parkplatz: Anwohner sind sauer über illegale Verbotsmarkierung
So wie diese Frau zürnen viele der Anwohner. Doch sie wollen ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn sie kennen den Zeitgenossen, der diese Verbotsmarkierung auf den Asphalt malte und offenbar zur Hausverwaltung gehört, mit der man es sich verständlicherweise nicht verderben will.
Sicherlich, der Mann, der bei helllichtem Tage sein Werk verrichtet hatte, und der dabei sogar noch gefilmt wurde, meint es mit seiner Aktion vielleicht nur gut mit den BSR-Leuten. So haben sie an den Abholetagen gleich den Müllcontainer auf der Straße, müssen ihn nicht noch die paar Meter vom Müllhäuschen zum Müllwagen karren. Die Anwohner sehen das etwas anders.
„Wie gesagt, man hat schon seine liebe Not, überhaupt einen freien Parkplatz in der Gegend zu finden. Da kann es doch nicht sein, dass man eine Parkfläche noch für Müllcontainer blockiert“, sagen sie. „Zumal die Markierung noch illegal ist.“ Außerdem tauchte in der Nähe noch eine weitere Markierung auf, die möglicherweise ebenfalls illegal angebracht wurde, aber kaum wahrnehmbar ist.
Um das Theater nun zu beenden, ging nun einer der Anwohner zum Büro des Abgeordnetenhausmitgliedes Damiano Valgolio (Linke) und schilderte ihm die Situation. Der Politiker schrieb daraufhin eine Anfrage an den Senat, damit der Fall geklärt wird.

Bezirksamt will Parkplatz für Müllcontainer dulden
Die Antwort kam in diesen Tagen. Darin äußerte sich auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Die Behörde, die vor Wochen noch sofort mit den Ordnungsmitarbeitern in der Friedenstraße war, um dort Knöllchen an Autos zu verteilen, die nach ihrer Meinung illegal auf einem Grünstreifen abgestellt waren. Doch nun, wo es eine illegale Fahrbahnmarkierung zu beseitigen gilt, stellt sich das Bezirksamt stur.
Denn die Behörde teilt in der Antwort zur Anfrage des Abgeordneten der Linkspartei mit: „Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin plant in diesen speziellen Fällen … nicht die Beseitigung der auf den Asphalt aufgebrachten Markierungen.“

Die Behörde begründet: „Die Markierungen helfen augenscheinlich den Entsorgungsbetrieben, Standorte von Abfallbehältern der Anlieger auf kürzestem Weg zu erreichen. Dies liegt im öffentlichen Interesse, da kürzere Beeinträchtigungen des Fließverkehrs bei Ladevorgängen stattfinden und Behinderungen im Fußverkehr durch Umwege der Entsorger vermieden werden.“
Der Bezirk will die illegale Markierung daher dulden. „Eine nachträgliche Anordnung von Sperrflächen nach der StVO wird durch die Straßenverkehrsbehörde geprüft.“ Mit anderen Worten: Eine illegale Geschichte soll nun legal gemacht werden.
Der Abgeordnete Damiano Valgolio verurteilt die Haltung der Behörde. „Dass das Bezirksamt illegale Fahrbahnmarkierungen von Privaten in der Friedensstraße duldet, ist ein Skandal. Das ist Wild-West auf Kosten der Anwohner“, sagt er dem KURIER. Nur hundert Meter weiter nimmt es das Bezirksamt dagegen sehr genau und hat begonnen, Bußgelder für das Parken auf dem Mittelstreifen zu verteilen.“
Seine Forderung: „Das grün geführte Bezirksamt in Friedrichshain-Kreuzberg muss endlich transparent und vor allem rechtsstaatlich handeln. Dazu gehört ein richtiges Parkkonzept für die Friedensstraße – mit Beteiligung der Anwohner.“
Ähnlich sieht es auch die Berliner Verkehrsverwaltung. In der Antwort zur Anfrage des Linken-Politikers Valgolio schreibt die Behörde: „Der Senat ist der Auffassung, dass unrechtmäßige Markierungen des Straßenlandes zu entfernen sind.“
Allerdings fügte die Verwaltung von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hinzu: „Soweit die zuständige Behörde einen verkehrlichen Regelungsbedarf sieht, sollte dieser durch eine rechtmäßige Markierung vorgenommen werden.“ Sonst könnte vielleicht auch anderswo in Berlin jemand auf die Idee kommen, vor seiner Haustür aus einem Pkw-Stellplatz einen Parkplatz für Mülltonnen zu machen. In Friedrichshain-Kreuzberg darf man das ja offenbar. ■