Weihnachtsfilm

Rühmann-Klassiker „Die Feuerzangenbowle“: 80 Jahre Pfeiffer mit drei F

Premiere hatte der Film im Januar 1944 nach einer Bombennacht in Berlin.

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Aus dem erfolgreichen Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer (Heinz Rühmann) ist ein gewitzter Primaner geworden. Seine verrückten Einfälle halten die Lehrer eines Kleinstadt-Gymnasiums in Atem. 
Aus dem erfolgreichen Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer (Heinz Rühmann) ist ein gewitzter Primaner geworden. Seine verrückten Einfälle halten die Lehrer eines Kleinstadt-Gymnasiums in Atem. ARD Degeto/dpa

Januar 1944: In Europa tobt der von Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg. An der Ostfront holt die Rote Armee zum großen Gegenschlag aus. Hitlers Ende hat längst begonnen. Nach einer Bombennacht in Berlin findet am 28. Januar 1944 um 10.45 Uhr im Tauentzienpalast an der Ecke Nürnberger Straße die Erstaufführung des Films statt, der noch heute zu Weihnachten Kult ist: „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann. Auch in diesem Jahr läuft der Film Heiligabend in der ARD (24.12., 21.45 Uhr im Ersten).

Im Frühling 1943 gedreht, haben einige der Darsteller der Oberprimaner, über die wir noch immer lachen, den Tag schon nicht mehr erlebt, weil sie zwischen Dreharbeiten und Premiere an der Front getötet wurden.

„Die Feuerzangenbowle“, das ist deutscher Humor aus dem letzten Jahrhundert. Ort: Klassenzimmer. „Sie heißen?“ – „Johann Pfeiffer!“ – „Mit einem F oder mit zwei?“– „Mit drei, Herr Professor!“ – „Mit drei F?“ Viele wissen bei diesem Dialog gleich, woher er stammt. 

Vor allem Ältere wissen, wie es an der Stelle mit den drei F weitergeht. Heinz Rühmann alias Gymnasiast Hans Pfeiffer sagt: „Eins vor dem Ei, zwei hinter dem Ei!“ Und Erich Ponto als Professor Crey (genannt „Schnauz“) sagt knapp: „Sie sind etwas albern.“

„Die Feuerzangenbowle“: Kult in Ost und West

Der wohl berühmteste Rühmann-Film erlangte im Nachkriegsdeutschland Kultstatus. Wie kaum ein anderer deutscher Film prägte er sich nachhaltig ins kollektive Gedächtnis ein. Viele Millionen in Ost und West sahen ihn wieder und wieder im TV. An deutschen Unis gab und gibt es Vorführungen in der Vorweihnachtszeit. In Berlin wird er beim Winter-Film-Fest jeden Tag dreimal gezeigt: Noch bis zum 1. Januar läuft der Klassiker im Nikolaiviertel jeweils um 14.30 Uhr, 17 Uhr und 19.30 Uhr. Heiligabend ist geschlossen.  

„Die Feuerzangenbowle“ sollte 1944 das deutsche Kinopublikum zum Lachen bringen. 
„Die Feuerzangenbowle“ sollte 1944 das deutsche Kinopublikum zum Lachen bringen. imago/United Archives

Auch wenn der Film harmlos daherkommt, ganz so unpolitisch, wie er auf den ersten Blick erscheint, ist er Historikern zufolge nicht. Braune Ideologie ist in der Schulkomödie aber eher versteckt, etwa wenn der schneidige Lehrer Dr. Brett junge Menschen mit Bäumen vergleicht („Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem geraden Wachstum“) oder wenn es im Unterricht etwas rassenideologisch um die Völkerwanderung geht.

Rühmann reiste extra zu Hitler

Heinz Rühmann selbst hat sich für den Film ins Zeug gelegt, nachdem es im Funktionärsapparat, vor allem aus dem Erziehungsministerium, Widerstände gegen die Pennälerkomödie gegeben hatte, die angeblich die Lehrerschaft verunglimpfte.

Adolf Hitler persönlich soll die Freigabe des Films angeordnet haben, nachdem Rühmann mit einer Filmrolle unter dem Arm ins Hauptquartier Wolfsschanze nach Ostpreußen gereist war.

Demnach fragte Hitler, der sich in jener Zeit keine Spielfilme mehr ansah, seinen Reichsmarschall Hermann Göring nur: „Ist der Film zum Lachen?“, und meinte nach der bejahenden Antwort kurz: „Dann ist dieser Film sofort für das deutsche Volk freizugeben.“

Rühmann war ein großer Star in den 40ern. Sein Name stand auf der legendären „Gottbegnadeten-Liste“ der Nazis, auf der die Künstler verzeichnet waren, die vom Kriegsdienst befreit bleiben sollten. Rühmann galt als weitgehend unpolitisch, was ihm später mitunter den Vorwurf des Opportunismus einbrachte. Seine Karriere ging im Nachkriegsdeutschland weiter. In Rühmann (1902–1994) konnten sich weite Teile des Publikums wiedererkennen.

Vorlage war ein Zeitungsroman

„Die Feuerzangenbowle“ beruht auf einem 1933 in vielen Fortsetzungen erschienenen Zeitungsroman von Heinrich Spoerl (1887–1955). Bei einem Treffen alter Freunde kann der Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer bei den Schulanekdoten nicht mitreden, weil er einen Privatlehrer hatte. Um die Jugend nachzuholen, mal was Irrsinniges zu tun, albern und ohne Sorgen, macht er sich als Schüler zurecht und besucht das Gymnasium im beschaulichen Babenberg. Mit tollkühnen Streichen treibt er die schrullige Lehrerschaft in den Wahnsinn – und findet nebenbei die Frau fürs Leben: die Tochter des Schuldirektors.

Am Ende kommt jedoch heraus, dass die ganze Binnenhandlung nur ausgedacht ist – lediglich die Rahmenhandlung des Herrenabends mit Feuerzangenbowle ist real.

Film hat paradoxe Botschaften

„Die Feuerzangenbowle“ ist somit der vielleicht schizophrenste Film der Nazizeit, in der stets die leuchtende Zukunft der Deutschen propagiert wurde. In der durchaus melancholischen Komödie wird nämlich die Wilhelminische Epoche (1890–1914) zur guten alten Zeit stilisiert. Und (Jugend-)Erinnerungen werden hier zu einem rettenden Paradies verklärt; niemand kann sie einem nehmen, aber man kann sie auch im Nachhinein nicht wirklich erzeugen. ■