Der klare KURIER-Kommentar

Happy birthday – zum Heulen!

Leises Geburtstagsständchen für eine Geisel. Ein zutiefst emotionaler Moment auf der Kundgebung gegen Terrorismus und Antisemitismus.

Teilen
Sangen mit den Teilnehmern „Happy Birthday“ für die entführte Schwester Yarden: Die Geschwister Roni (links) und Gili Roman (Mitte). Yoni Asher (rechts) spricht von seiner gekidnappten Familie.
Sangen mit den Teilnehmern „Happy Birthday“ für die entführte Schwester Yarden: Die Geschwister Roni (links) und Gili Roman (Mitte). Yoni Asher (rechts) spricht von seiner gekidnappten Familie.Monika Skolimowska/dpa

Ich war, wie Tausende andere Menschen, am Sonntag auf der Kundgebung gegen Terror und Antisemitismus am Brandenburger Tor. Ein breites Bündnis von Organisationen hatte dazu aufgerufen. Als eine der Rednerinnen stand Roni Roman auf der Bühne. Ihre Schwester Yarden und denen Tochter Geffen wurden von der Hamas entführt. Seit zwei Wochen kein Lebenszeichen, nichts. Am Sonntag war Yardens Geburtstag. Roni bat die Demonstranten, „Happy Birthday“ für sie zu singen. Ich habe noch nie ein so trauriges Geburtstagslied gehört! Viele Menschen hatte wie ich dabei Tränen in den Augen.

Mir ist dabei klar geworden: Jeder Mensch wird geliebt, von seiner Familie, seinen Freunden, manchmal von Fremden. Er ist einzigartig und unersetzlich. Und jeder Mensch hat die gleichen Rechte.

Wer uns jemand erzählt, ein Menschenleben sei mehr wert als andere, auf diesen oder jenen Menschen könne aus irgendeinem Grund verzichtet werden, oder dass man ein Leben oder Tod mit anderen aufrechnen könne, sollen wir sehr misstrauisch werden. „Wie trauern über die Toten und wir bangen mit den Geiseln“, sagte Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Und traf damit den richtige Ton.

Der Staat, das sind auch wir!

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zum Schutz jüdischen Lebens im Land auf. Dieser Schutz sei Staatsaufgabe, „aber er ist auch Bürgerpflicht“, so Steinmeier. Der Staat, das sind auch wir!

Das Gefühl der Gemeinsamkeit, aber das Erschrecken über den antisemitische Hass der letzten zwei Wochen hat die Menschen zum Brandenburger Tor getrieben. Junge und Alte, Prominente und Nicht-Prominente, Juden und Nicht-Juden. Dieses Gefühl kann einem Social Media nie geben. Dafür muss man auf die Straße gehen. Gegen den Hass, für die Menschlichkeit. Alles andere ist nicht so wichtig. ■