Sie sind für viele Touristen ein Mysterium: Wo früher der Grenzübergang zwischen Ost- und Westberlin lag, zieren Kaninchen die Chausseestraße im Wedding. Sowohl auf der Fahrbahn, als auch auf dem Gehweg. Es handelt sich um lebensgroße Bodenintarsien – in Form von laufenden, hockenden und springenden Karnickeln. Sie sollen als Denkzeichen an die friedlichen Bewohner des Todesstreifens erinnern, die Menschen diesseits und jenseits der Mauer als „Projektionsobjekt“ dienten.
Die Idee „Kaninchenfeld“ stammt von der Künstlerin Karla Sachse, sie gewann damals den Wettbewerb für ein Mauerdenkmal. Die Messingkaninchen wurden 1999 in den Boden eingelassen. Doch ihre Arbeit ist schon lange nicht mehr vollständig: Früher waren es 120 Kaninchen, heute ist gerade mal die Hälfte übrig.
Werden die Gedenk-Kaninchen wieder aufgestockt?
Wo sind die ganzen Kaninchen hin? Aus einer Anfrage vom Abgeordneten Andres Otto (Grüne) an den Berliner Senat geht hervor: „Durch den überaus starken Straßenverkehr, durch zahlreiche Straßen- und Tiefbauarbeiten sowie einer Vielzahl von Neubauprojekten in diesem innerstädtischen Bereich seit 1999 sind eine Vielzahl der Kaninchenintarsien nicht mehr im Bodenbelag (Fahrbahn, Gehweg) vorhanden beziehungsweise sind unter neuen Asphaltschichten nicht mehr sichtbar.“

Konkret sei nur noch die Hälfte der Messing-Nager übrig: „Von den ursprünglich 120 Intarsien sind noch 63 vor Ort auffindbar (Stand 19.03.2019)“, berichtet der Senat. Der Rest sei Bauarbeiten und Verschleiß zum Opfer geworden. Wie traurig! Fünf der ausrangierten „Kaninchenobjekte“ seien in den vergangenen Jahren immerhin der Künstlerin übergeben worden.
Der Abgeordnete erkundigte sich auch, ob und wann man denn gedenkt, die Kaninchen zu ersetzen. Immerhin vergeht diese Woche erneut ein Gedenktag an den Mauerfall (9. November) ohne das vollständige Kunstdenkmal! Hierzu heißt es im Schreiben des Senats: „Eine Konzepterstellung für die bauliche Revitalisierung des Denkzeichens ‚Kaninchenfeld‘ durch die Künstlerin Karla Sachse für die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) kam bisher nicht zur Ausführung. [...] Aktuell wurde der Gesprächsfaden zwischen der BIM und der Künstlerin wiederaufgenommen, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen.“ Zwar keine allzu zufriedenstellende Antwort, aber immerhin: „Angestrebt wird eine Konzeptaufstellung im frühen 2. Quartal 2024.“

Wie viele der rund 60 zerstörten Kaninchen ersetzt werden, soll im Zuge der Konzeptaufstellung näher betrachtet werden. Doch die Messing-Silhouetten werden wohl nicht eins zu eins wiederhergestellt: „Vermutlich werden keine Figuren mehr in den Straßenbelag eingelassen, da diese dort der Belastung durch partiellen Schwerlastverkehr nicht standhalten. Die Konzentration der anvisierten Revitalisierung liegt somit auf den Figuren im Gehwegbereich. Die Anzahl ergibt sich aus der Bestands- und Zustandsaufnahme im Abgleich mit der bauzeitlichen Ausführung.“ ■