Die Nachrichten über den Grünen Kiez in Pankow waren zuletzt zum Haare raufen. Der Streit der Anwohner mit der Gesobau um die Bebauung zweier grüner Innenhöfe mit zwei Häusern, in die zunächst 400 Flüchtlinge einziehen sollen, eskalierte. Die Polizei rückte an, die Gesobau setzte Wachschutz mit Kampfhunden ein, um Bauzäune zu sichern. Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs gegen die protestierenden Mieter, darunter über 80-jährige Großmütter, erhitzen die Gemüter. Derzeit gibt es wegen Auflagen des Umweltamts Pankow einen Fällstopp. Gerichte befassen sich mit dem Fall.
In diese Gemengelage nun kommt die Nachricht von der Bürgerinitiative, man wolle gemeinsam mit allen Akteuren einen Neuanfang gestalten. Allein dieser lange Atem und die Beharrlichkeit, mit der die Engagierten unterwegs sind, nötigt einem Respekt ab. Auch die, die die Forderungen nach maßvoller Bebauung in Innenhöfen nicht zustimmen, müssen anerkennen: die Pankower Bürger liefern hier ein Lehrstück in Demokratie ab. Beharrlich streiten, aufeinander zugehen und für Kompromisse werben, das sind die Mittel, die im Großen wie im Kleinen helfen, Hetze und Gewalt einzudämmen. Gerade in diesen Zeiten ist das nötiger denn je.
Grüne Höfe in Pankow und anderswo in Berlin
„Wir möchten demokratische Prozesse gewürdigt wissen, gemeinsam vernünftige, zukunftsfähige Lösungen entwickeln und Verantwortung übernehmen für unsere Stadt! Wir möchten eine Stadt Berlin, in der Engagement für Kiez, Klimaschutz und gesunde Wohnbedingungen respektiert, Verdichtung und Wohnungsbau diskutiert und abgewogen und Anwohner und Zuwanderer gehört und beteiligt werden! Wir möchten eine Stadt Berlin, in der auch unsere Kinder noch gut leben können und eine Landesregierung, die ihre selbst gesteckten Ziele erreicht!“, heißt es in der Einladung zum Runden Tisch, der am Freitagmorgen in den Räumen der Kirchengemeinde Alt-Pankow stattfinden soll.
„Wir sind davon überzeugt, dass der Runde Tisch ‚Kiez macht Klima‘ richtungsweisend für eine neue Form der Teilhabe auf dem Weg zur zukunftsfähigen Klima- und Schwammstadt Berlin sein wird“, so die Bürgerinitiative weiter.
Initiiert wurde der Runde Tisch von der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Pankow, Stadt- und Landschaftsgestalterinnen, Kreativen und Künstlern, Nachbarinnen und Nachbarn, Kindern und der Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow. Vertreter des Senats und der Gesobau sind eingeladen.

In der Einladung listet die Bürgerinitiative noch einmal auf, was von Bausenator Christian Gaebler und der Gesobau per Handstreich vom Tisch gefegt wurde:
Seit mehr als vier Jahren wird um die Zukunft des Kiezes gerungen. Erreicht wurde ein Kompromiss (B-Plan 3-88B), der Wohnraum schafft (50 bis 60 WE), den Spielplatz im defizitären Planungsraum sichert und einen den Notwendigkeiten der Klimaanpassung gemäßen Erhalt von Altbaumbestand und Grünflächen ermöglicht.
Grüner Kiez streckt die Hände aus
Acht Beschlüsse der BVV Pankow, fünf konsensorientierte Verständigungsgespräche unter Moderation des Bezirksbürgermeisters, ein Einwohnerantrag mit 1315 Unterzeichnenden, der Einsatz von 152 Baumpatinnen und Baumpaten, eine aktuelle Petition mit mehr als 5200 Unterzeichnenden und ein offener Brief an den Regierenden Bürgermeister Berlins mit 3276 Unterstützerinnen und Unterstützern – initiiert von ehemaligen Bezirksbürgermeisterinnen und -bürgermeistern und namenhaften Persönlichkeiten aus der Berliner Stadtgesellschaft – werden ignoriert.
Und trotzdem wollen die Beteiligten den Gesprächsfaden wieder aufnehmen: „In dieser zugespitzten Lage muss dringend wieder ein Kommunikationskanal zwischen den Beteiligten sowie Expertinnen und Experten eröffnet werden.“
Damit die Bestrebungen, Klimaschutz in einer lebenswerten Stadt zu verwirklichen, in den Kiezen nicht nur Worthülsen bleiben, sollen Experten, Politik und Betroffene wieder an einen Tisch.

In Pankow wollen sie die Konfrontation mit der Gesobau einstellen
Wenn es gelänge, die aktuelle Konfrontation einzustellen, die Baumfällungen bis zur Ergebnisfindung auf Eis zu legen und einen Weg zu finden, der Bürgeranliegen, Klimafragen, Zuwanderung und Wohnungsnot in gemeinsamen Zusammenhängen denkt, wäre ein Positiv-Beispiel gelungen, das in der ganzen Stadt wirken kann.